La Grange Deutsche Zeitung. (La Grange, Tex.), Vol. 18, No. 23, Ed. 1 Thursday, January 16, 1908 Page: 2 of 8
eight pages: ill. ; page 22 x 15 in. Digitized from 35 mm microfilm.View a full description of this newspaper.
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Erstarrte erzen.
Roman von Karl Bertow.
(21. Fortsetzung unb Schluß.)
„O, biefer Mednyanich," dachte er,
„so also sehen seine Erbtanten aus!"
„Ic bin untröstlich, Madame,"
sagte er jetzt in aufrichtiger Theil-
nähme, „Ihnen biefe Nachricht gege-
ben zu hoben —"
„68 war nicht Ihre Schuld, baß
Sie mir bamit einen großen Schmers
bereitet," unterbrach sie ihn, während
schwere Thränen in ihre Augen stie-
gen, „Sie erfüllen Ihre Pflicht, unb
weil ich Sie dadurch als einen treuen
Freund jenes — Verstorbenen kennen
lernte, gewann ich ben Muth, mich an
Sie zu wenden. Ich kam hierher, in
ber Absicht, sein Grab zu besuchen,
unb wenn es mir gestattet sei, seinen
Leichnam mit in bie Heimath zu neh-
men!"
Der Anblick ihres tiefen Schmerzes
versetzte ben jungen Officier in eine
peinliche Verlegenheit.
„Ich sann nicht sagen, wie ich es be-
baure, Madame," stammelte er, „meine
Unvorsichtigkeit — bie Nachricht war
verfrüht — ich hatte mich getäuscht—"
Die Augen ber Fürstin öffneten sich
weit; mit starrem Blid hefteten sie sich
auf ben Sprecher.
„Was wollen Sie bamit sagen?"
rief sie athemlos. „Um ber Barm-
herzigkeit willen, foltern Sie mich
nicht!"
„Es war ein unglückseliges Miszder-
stänbniß," sagte er, „ber Baron lebt,
er befinbet sich bereits auf bem Wege
zur Besserung —"
6t sonnte nicht vollenden; mit einem
schwachen Aufschrei war Felicia zurück-
gesunken: bleich unb bewegungslos lag
sie, einer Beiche gleich, in len Rissen
beS SophaB. * .
„Gütiger Himmel," rief ber Mar-
quis, erschrocken aufspringend, „was
habe ich nur hi«t wieber angestellt?"
Er wollte nach ber Rlingel- eilen —
ber Draht hing abgerissen an ber
Mauer hernieder; ber bestürzte Offi-
cier wußte auch nicht einmal, ob ir*
genb eine Dienerschaft im Hause, bie
auf ben Nus herbeizukommen im
Stanbe sei.
Der junge Franzose warf in bem
Feuereifer feiner Humanität ben gan-
zen Theetisch um unb zerbrach mehrere
Tassen, ohne inbeffen baB Ziel seines
Suchens, eine Flasche mit frischem
Wasser, gefunden zu haben — ba, enb-
lich bei einem Blid burch das Fenster
ein Hoffnungsstrahl — Dr. Hilaire
tam soeben im Gespräch mit einigen
Betannten bie Straße hinab; aus bem
Zimmer hinaus unb vor bie Thür des
Hauses eilen, war bei bem Marquis
baB Wert eines Augenblicks.
„Doctor, werben Sie mein Retter!"
tief er ihm hastig entgegen. „Ich bin
in ber größten Verlegenheit!"
„Wirklich?" lächelte ber Arzt. „Nun,
wenn Sie sich zufällig in Lebensgefahr
befinben sollten, so müßte Ihr Tod
sehr plötzlich eintreten. Was haben
Sie benn nur, um so aufgeregt zu
fein?"
„Ach, um mich handelt es sich nicht,
sondern um eine Dame —"
„Um eine Dame? Aber Marquis!"
Der joviale Arzt wich einen Schritt
zurück. „Was werbe ich hören müs»
sen?"
„So kommen Sie doch nur," dräng-
t« her junge Officier, „unb lassen Sie
vorläufig Ihre Späße bei Seite. Ic
sage Ihnen, baß bie Sache Eile hat!"
Et zog ihn mit sic fort unb theilte
ihm unterwegs das Vorgefallene mit.
Der Arzt war sogleich zur Hilfe bereit
unb betrat mit ihm das Haus, in wel-
chem sich bie Fürstin befand.
Um ihre Herrin wat inzwischen be-
reits bie Kammerfrau beschäftigt, bie
mit einem bet Diener einen Gang in
bie Stabt gemacht, um eine anbere
Wohnung zu finben. Unter ihrem
unb des Arztes Bemühen schlug Felt-
cia bie Augen auf; es beburfte nur we-
niget Minuten, um ihr das Borgefal-
lene in bas Gedächtniß zurückzurufen;
mit einer hastigen Bewegung richtete
sie sich empor.
9 „D, Herr Marquis," wandte sie sich
flehend an ben jungen Mann, bet sich
in ben Hintergrund des Zimmers zu-
' rückgezogen, „ist es wahr, was Sie
borhin sagten, so wiederholen Sie es
mir noch einmal; haben Sie Mitleid
mit bet Angst einer unglücklichen
Frau!"
Der Franzose näherte sich ihr ehrer-
bietig.
„68 ist wahr, Madame," sagte er
ernst, „auch Dr. Hilaire wird es Ihnen
bestätigen, baß Baron Mednyanic seit
einigen Sagen außer Gefahr erklärt
ist!"
Die Fürstin blickte zu dem Arzt hin,
ber ein bejahendes Zeichen machte; sie
wollte sprechen unb vermochte es nicht;
ihre Hände vor bie Augen drückend,
brach sie in ein krampfhaftes Schluch-
gen aus.
Die beiben Männer ftanben stumm i
unb bewegt, ohne mit einem Worte bie
momentane Stille zu unterbrechen.
Felicia suchte sich endlich zu bekämpfen,
sie streckte ihre Hand nach dem Arate
aus.
„„Wenn Sie meiner Dienste noch be-
bürfen, Madame," begann dieser.
.D, nur eine, eine Ftage," flüsterte
sie, „bars ic ihn wohl einmal sehen?"
„Ich glaube, es gestatten gu dürfen;
mit bem nothwendigenVorbehalt aller-
allzu große Aufregung gu. ver-
Lieber Marquis, Sie über- 1
nehmen es wohl, ben Baron ouf ben
! Besuch ber Frau Fürstin ein wenig
vorzubereiten!"
I Der junge Mann erklärte, es mit
ber größten Freude thun zu wollen; er
eilte voraus in baB Haus, in welches
man eine Anzahl ber bereits in ber
Reconvalescens befindlichen Kranken
einquartiert, um Harald von bem be»
vorstehenden Besuch ber Fürstin in
Kenntniß zu setzen. Die Fürstin unb
ber Arzt versprachen in einer halben
Stunbe folgen zu wollen.
In einem Seitenzimmer des probi«
sorischen Lazareths befanb sich seit
einigen Sagen' Harald Mtednyanich.
Der Arzt sowohl, wie ber Marquis
Villeneuve, hatten bafür gesorgt, ihn
etwas besser unterzubringen, als bie
meisten seiner Leidensgefährten; aus
verschiedenen zerstörten Wohnungen
hatte ber besreunbete Officier einige
Gegenstände requirirt, bie zu seiner
größeren Bequemlichkeit bienen sonn»
ten, wohin namentlich ein großer Lehn-
stuhl gehörte, in welchem bet Gene-
sende jetzt einen Sheil des Tages zu-
bringen durfte.
Auch einige Bücher befanden sich in
seinem Besitze unb ber Marquis bet-
säumte niemals, ihm bie neuerschiene-
nen französischen Zeitungen zu brin-
gen, bie freilich erst spät in das Lager
gelangten.
Ueber Haralds Gesicht flog daher
auch heute ein freudiges Lächeln, als
er seinen jungen Kriegskameraden bei
sich eintreten sah; bie Theilnahme unb
Freundschaft des französischen Edel-
mannes thaten ihm unwillkürlich wohl.
Seltsamer Weise schien heute ber
Marquis gerstreut unb unruhig.
„Was haben Sie , lieber Wille-
neuve?" fragte Harald endlich, als das
kaum begonnene Gespräch plötzlich
stockte.
Der junge Officier erhob sich unb
ging einige Male im Zimmer auf unb
nieber.
„ßieber Mednyanich," begann er
endlich, „ich möchte Ihnen etwas beich-
ten. — Aber sind Sie auch schon start
genug, um sich über mich nicht allzu
sehr aufzuregen?"
„Sprechen Sie immerhin, Ville-
neune," sagte Harald ruhig, „was
sann es fein, bas Sie begangen ha-
ben?"
„Sie erinneren sich gewiß eines
Briefes an eine — Verwandte, ben ich
Zu beförbern versprach, — an bem
Sage grabe, als Sie verwundet wur»
ben?"
6in Schatten glitt über Haralds
Züge.
„Gewiß erinnere ich wich; Dr. Hi-
laire meinte, er sei verloren gegangen;
er wollte mir indessen nicht Rede da-
rüber stehen."
„Nein, nein, er ist nicht verloren ge-
gangen, aber, lieber Kamerab, nun
seien Sie mir nicht böse — man hielt
Sie für tobt; ich nahm ben Brief da-
her an mich unb schickte ihn an feine
Adresse."
„Großzer Gott," rief Harad erschrof-
ken, „mit ber Todesanzeige zugleich?
Doch nicht an Felicia?"
„Ja, baS war wohl ber Name,"
sagte ber Marquis fleinlaut, „ich
sonnte wirklich nichts bafür!"
Harald hatte ben Kopf in bie Sanb
gestützt.
„Nein, nein, Sie sönnen nichts da-
für," murmelte er, „ihr biefen furcht-
baren Schmerz bereitet zu haben. —
Arme, arme Felicia! Unb haben Sie
nie eine Antwort barauf erhalten?"
„Doch, ja," ber Marquis wurbe
burch Haralds sichtliche Erregung ganz
aus ber Fassung gebracht, „lieber
Mednyanich, aber nun werben Sie vor
allen Dingen wieber ruhig fein. Dr.
Hilaire kreuzigt mich, wenn ich Sie
wieber fränfer mache. — Es ist von
Ihren Verwandten Jemand gefom*
men, sich nach Ihnen zu erfunbigen,
Sie zu sehen, aber natürlich bürfen
Sie feinen Besuch annehmen, wenn
Sie so fiebern, wie eben jetzt."
Harald hatte beS jungen Freundes
Hände erfaßt.
„Villeneuve," sagte er mit bebenber
Stimme, „seien Sie aufrichtig, — Wer
ist getommen? Ich fenne nur 6ine, bit
des Opfers fähig wäre, um mich zu
sehen, bie weite, weite Reise zu ma»
chen."
„Ja, lieber Ramerab," sagte bei
Marquis, Vergeblich feine Rührung
unter einem Scherzworte zu verber-
gen trachtend, „wenn Sie mich so fra-
gen, muß ich Wohl bie Wahrheit sagen.
Können Sie benn aber auch schon et-
was Freu de vertragen? — Denn sehen
Sie, es ist bie Dame selbst — Sie er*
innern std; wohl noch ber Erbschaft,
mit ber ich Sie nedte? — Nun benn,
Ihre geheimniszbolle Tante wird eS
wohl fein, bie getommen."
Er machte sich hastig los unb eilte
in eines ber Nebenzimmer.
„Rommen Sie, kommen Sie, Frau
Fürstin," sagte er, sich tief verneigend.
„Ic habe meine Aufgabe zwar durch-
aus nicht glänzenb gelöst, aber — er
i erwartet Sie!"
Die Thür hatte sich leise hinter ber
Eintretenden geschlossen; sie achtete
nicht barauf; ein Blid nur traf bit
wohlbekannte, theure Gestalt am Pen-
ster.
„Felicia!"
„Harald!"
Et stredte ihr bie Arme entgegen;
überwältigt von ihrer Erregung fanf
sie an seiner Seite nieber.
„Ich mußte zu Dir kommen, Ha-
ralb, ba Du nicht tarnest," flüsterte
| sie „0, wie habe ic um Dich gelitten."
Unb lachend unb weinenb barg st
ihr Haupt an seiner Brust.
68 war eine lange Zeit vergangen,
seit ber Marquis von Villeneuve Fe-
licia in baB Zimmer bes tranten
Freundes geführt; jetzt lehnte Harald
sehr bleich, aber auch seht glücklich aus.
sehend in seinem Sessel, ben Arm noch
immer um bie enblich gewonnene Ge-
liebte geschlungen;. er tüßte zuweilen
eine Thräne von ihrer Wange, wäh-
rend sie ihm erzählte, wie sie bie
Tannen; in ber Ferne murmelt ber
Waldbach fein geheimniszvolles Lied—
Hufschlag ertönt auf bem verschlunge-
nen Wege; aus bem Schatten ber Bäu»
me kommt ein Neiter dahergesprengt
— bie Sonnenstrahlen streifen sein
dunkles Bodenhaar unb zittern über
ben schönen, jugendlichen Zügen hin
t . x , — ist es dieser Glanz allein, der die
Schreckensbotschaft erhalten unb, so träumerischen Augen so bell aufleuchten
* schnell es möglich gewesen, ihre Reije macht?
auf ben Kriegsschauplatz angetreten, (iemer!"
um — sie konnte nicht weiter sprechen,----
sie drückte nur in stummem Dantge-
fühl seine Hand an ihr Herz.
„Unb Dein Rinb?" fragte er enb-
lich, um ihre Gedanken auf etwas An-
deres Zu lenten. „Bon nun an unser
Sind?"
„Irma ist bei ber Matta, bie auf
meine Bitte sogleich zu uno nah Neu-
hausen kam. Fernhof haben wir schon
vor längerer Zeit verlassen; es ist ben
Verwandten meines Mannes zugefal-
len. Mein theurer Sever hat indessen
meine unb meines Kindes Zukunft
burch ben Besitz von Neuhausen unb
Grüned in großmüthigster Weise sicher
gestellt. — Er hatte," fügte sie errö-
thend hinzu, „vielleicht ben Fall vor»
ausgesehen, baß ich eine anbere hei-
math erhalten würbe, unb an dieses
Vermächtnis bie Bedingung geknüpft,
baß id) in jebem Jahre brei Monate
nur mit unserer Tochter auf einem
dieser Güter verleben möchte. — Und,
Harald, fur3 vor feinem Sobe hat er
Mamas völlige Begnadigung noch er-
largt; sie bars mit uns in Dein — un-
fer Vaterland zuriickehren. D, sagt
mir selbst, kann ich ihm jemals dant-
bar genug fein?"
Er schloß ihre Hand fester in bie
seine.
„Wir werben ihn nicht vergessen,
meine Felicia!"
„Niemals, niemals, Harald!"
Die großen, schönen Augen begegne*
ten ben seinen mit sprechendem Blick;
sie Wußten, baß in biesem Augenblicke
ihre Herzen von ben gleichen Gedanken
bewegt waren.
„Dieser Nednyanich," sagte wäh-
renddessen ber Marquis braußen zu
dem Arzte, „hat boch wirtlich ein un»
vernünftiges Glück. Himmel, was für
ein schönes Weib ist bas! Ich ließe mich
gleich noch einmal tüchtig verwunden,
wüßte ich, daß für mich eine solche
Frau bie Reise hierher machte."
„Nun, sie tann Gott banten, baß er
mit bem Leben bavon gekommen,"
meinte ber Arzt, „aber wie steht es
benn eigentlich? Ist sie seine Braut?"
„$a, wenn ich das wüßte! Sie fiel
mir heute, zu meinem nicht geringen
Schrecken, wie ein talter Wassersturz
auf ben Kopf. ■ Erst als ich sie sah,
begannen meine Gewissensbisse, ihr mir
ber Todesanzeige einen solchen chmet.
Verursacht zu haben. Doch, wohin
wollen Sie?"
„Ich habe noch einen Gang burch
bie Lazarethe zu machen unb bann
muß ic Schwester. Misericordias be-
suchen, bie leiber, wie ich es vorausge-
sehen, seit Kurzem schwer erkrankt ist.
Ich fürchte, baß ich sie nicht meh
durchbringe!" ‘
6t eilte bavon; wenige Minuten
später trat er an baS Bett ber barm»
herzigen Schwester, das sich in einer
schmalen Kammer des benachbarten
Gebäudes befanb. 6r hatte wohl
Recht mit ber soeben ausgesprochenen
Befürchtung; als er jetzt in das tobten*
bleiche, bis zur Unkenntlichkeit verän-
berte Gesicht ber fransen Nonne blickte,
mußte er sich sagen, baß hier jebe Hoff-
nung geschwunden sei.
Sie fannte Niemand mehr von Al-
len, bie sich ihr nahten, unb eS famen
Biele, benen sie einst wohlgethan, we-
nigstens bis an bie Thür sich erfunbi*
gen, ob eS ber franten Schwester benn
noch immer nicht besser gehe. Wet-
tergebräunte Soldatengestalten, in
zahllosen Schlachten abgehärtet, sah
man hier mit betümmertem Blide beS
Ausspruchs ber Pflegerinnen harren,
schwarzbraune Araber bie in ber
| Nonne ein Wesen höheren Ursprunges
verehrt, kaum bem Knabenalter ent*
' wachsene Soldaten, bie erst kürzlich aus
1 ber Heimath getommen unb benen die
| Hand ber Kranfen vielleicht bie ersten
i Wunden verbunben. Unb sie Alle gin-
gen stumm unb gebriidt wieder davon,
wenn bie Auskunft einmal wie allemal
lautete: baß es mit ber Nonne täglich
schlechter ginge.
aber es war ein friedliches Sterbe-
bett, dieses niedrige Lager in ber Kam-
mer des zerschossenen Hauses in bet
Vorstadt Gebastopols; bie Fieberträu-
me, bie ben Geist ber Büßenben um*
nächteten, schlossen teine Schreckensbil-
ber mehr ein. Die Jahre ihrer Ju-
gend mit all’ ihrer Qual, all’ ihrer het-
ßen Leidenschaft, sie schienen aus ihren.
Gedächtniß ausgelöscht zu sein; sie
War wieber Clemence be Trouville, bie,
ein halberwachsenes Kinb, zu ben Fü-
ßen ihrer Mutter saß. Sie hörte wie-
ber bie milben Worte, bie süßen ßie-
ber, bie bie fromme, stillduldende Mut-
ter ihren Kinbern gelehrt — baS liebe
Wiegenlied, bas niemals ganz ihrem
Herzen entschwunden unb bas auch
jetzt ihr Schummerlied geworben:
Manch’ lange Nacht
Riefst Du umsonst nach mir
Fübl‘ es, ich bin ja hier;
Weine nicht rbr,
Fern aus des Himmels Höh’n
Rehrt’ ich zurüd zu Dir.
Unb bann waren el wieber anbere
Bilder, bie sich ber Fiebernden zeigten;
tief im Walde unter tauschenden Bäu-
men ein verstecktes Haus; baS Abend-
licht blict burch bie Kronen ber hohen
Ueber das Gesicht ber Kranken legte
sich ein glückseliges Lächeln; ihre sie»
berheisze Hand greift nach einem ein-
fachen, schwarzen Medaillon, baS sie
beständig auf bet Brust zu tragen
pflegt; eine dunkle Haarlocke liegt
barin; sie hat am ersten Sage ihrer
Krankheit ihre Pflegerin gebeten, bie
Kapsel mit ihr in das Grab zu legen.
Aber ber Kampf war lang unb
schwer, ber bis zu biesem ersehntesten
aller Ziele führte; in bem zarten Kör»
per schien noch eineßebenStraft zu wmoh.
nen, bie nur langsam ber Macht des
Todes unterlag.
Die britte Woche ihrer Krankheit
nahte ihrem Ende; heute war ber Sag
ber Entscheidung; ber endlichen Er-
lösung ober ber Rückkehr in das Le-
ben; von ben Aerzten unb Pflegerin-
nen hoffte bereits Niemand mehr auf
biefe günstige Wendung. In ben Nach-
mittagsstunden Waren an baS Lager
ber Kranten zwei besreunbete Gestal-
ten getreten; Harald Mednyarsic unb
seine jetzt verlobte Braut Felicia. Ob
bie großen schwarzen Augen sie er-
kannten, bie so unnatürlich weit ge-
öffnet ihnen zugewendet waren? Man
hatte bie kühlenden Tücher von ihrer
Stirn genommen, baS rothgoldene
Haar, baS seit so langer Zeit schon un-
ter ber Scheere gefallen, träufelte sich
in kurzen Löckchen barübet, wie in
früheren Sagen; zum ersten Male sah
sie wieber bem Bilde ihrer Jugend
ähnlich.
Haralds Blicke ruhten gebankenvoll
auf bem stillen blaffen Antlitz; welches
Schicksal es auch fein mochte, welche
Schuld, bie sie- bis hierher getrieben,
hatte sie sie nicht gesühnt burch ihre
Sreue auf bem Platze ihrer Pflicht?
Er bacßte ber Worte, bie sie vor Mo-
naten zu ihm gesprochen; welches Le-
ben, für sie geopfert, war eS gewesen,
für baS sie in Reue unb ßeib ihr eige-
nes dahingegeben?
Felicia neigte sah über bie Krante
unb trocknete leise mit ihrem Suche
bie feuchte Stirn. Der innige
Wunsch beS Herzens hatte sie mit ih-
rem Verlobten an biefeS Sterbelager
geführt.
„Sie hat ja meine Stelle an Deinem
Kranfenbette vertreten, mein Harald,"
hatte sie liebevoll gesagt, vielleicht, ja,
ganz gewiß verdanke ich ihr bie Erhal-
tung bes theuersten Lebens. Es würbe
mich tief schmerzen, wüßte ich in ihrem
Kampfe nur von Fremden sie umge-
ben."
Unb er hatte, in tiefer Danfbarteit
Von ber nämlichen Empfindung beseelt,
bie Geliebte zu ber sterbenden Nonne
geleitet.
Haralds eigene Genesung hatte ben
erwünschtesten Fortgang genommen;
in wenigen Sagen wollte er mit Feli-
cia bie Krim verlassen, um sich zu-
nächst zu ihrer Mutter unb bann, nach
feiner Verabschiedung aus ber franzö-
fischen Armee, auf seine Güter nach
Ungarn zu begeben. Seine Vermäh-
Tung mit Felicia war auf ben Herbst
des nächsten Wahres festgesetzt.
„Wirst Du mir von Deinem stolzen
Besizthum benn gerne bahin folgen, wo
meine Heimath ist?" hatte er lächelnd
gefragt, vielleicht nur um bie beglüt-
tende Antwort zu hören: „Dein Vater-
lanb ist baS meine, Harald; ich lernte
es lieben um Deinetwillen. Dort, wo
Deine ßiebe mir bie Heimathsstätte
grünbet, ist mein Glüd."
Die Kranfe begann jetzt leise sich
zu regen; ihre Hände griffen auf ber
Decke umher; bie Augen blickten wie
gebannt in bie Ferne als suchten sie
bort einen Gegenstand zu unterschei-
ben.
„6lemer!"
Harald zuckte unwillkürlich zusam-
men; was sollte bes tobten Freundes
Name auf ben ßippen ber Sterbenden
bebeuten?
Der Arzt trat geräuschlos ein; feine
Hand faßte ben Puls ber Kranken;
sein Auge betrachtete sie lange unb
prüfenb.
„Haben Sie noch Hoffnung, Doc»
tor?" flüsterte Harald.
Doctor Hilaire schüttelte ben Kopf.
„Nicht bie geringste mehr; sehen Sie
sie an."
Ueber baS Gesicht ber Nonne hatte
sich ein frembartiger Glanz gebreitet
— bie Augen strahlten noch einmal wie
verklärt auf, eh« sie im Sobe brechen
sollten; bie Hände streckten sich sehnend
aus, etwas Fernem, Unerreichbarem
entgegen. —
„6Iemer!" Noch einmal flar unb
beutlich fam bet Name von ihren Lip-
pen. „Du hast mir berziehen."
Dann fanf bas Haupt mübe unb
schwer zurück; nur baS selige Lächeln,
baS ihre Worte begleitete, schien auf
ihren Zügen haften bleiben zu wollen,
bie jetzt im Todestampfe zu zucken be»
gannen.
Felicia hatte sanft baS sterbende
Haupt in thre Arme genommen, Ha-
ralb hielt bie Hand ber Nonne in ber
seinen, bis bie erstarrenden Winger fid
Alle Sorten Kalender
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Deutscher Kaiser Kalender,............25c.
Des Lahrer Hinkenden Boten...........20.
Lahrer hinkenden Bote Better in Amerika 15.
Oldenburger Bolfsbote................25.
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Comptroller—J W Stephens.
Treasurer—John w.Kobbins.
Commissioner Land Office:
J. J. Terrell.
Superintendent Public Instructio
B. B. Cousins.
Eupreme Gorrt:
Chief Justice—R. R. Gaines.
Associate Justice—Th. J. Brows.
. A Willians
Ciiminal NippcHote Court:
A S. Davidsen, P. J,
3. M. Henderson & M. M. Brown
Associates.
County-Beamten:
District Judge—L. W. Moore,
„ Attorney—J. L. Storov
„ Clerk — F-. Kallus.
County Judge—Geo. Willrich.
„ Attorney—Sam C Lowrey
„ Clerk—Rudolph Klatt.
„ Sheriff-—August Loessin.
„ Treasurer—B. L. Zapp
„ Assessor—0 11 Steinman»
„ Collector—Wm. Mennicke,
„ Surveyor — E. E Vogt
„ School-Sup’t-G.A.Stierling
Gommifsioners:
Beat No. 1.— Frank Lidiak
Beat No. 2.— Kosuth Zapp
Beat No. 3.—J. R. Allen.
Beat No. 4.—Jos Fietsam.
Friedensrichter und Constables:
Beat No. 1:5 C. Ledbetter, Juf-
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Robt. NcGill, Constable.
Beat No. 8: E. R. Vogt, Juftice
R. Williams, Constable.
Die Distritt Eourt beginnt am fünf-
Zehnten Montag nach b ersten Montag
im Januar und dem vierzehnten Mon-
tag nach dem ersten Montag im August.
Die Count Eourt beginnt die Ber
hondlungen für Criminal, Civil un:
"Probat-Fälle jeden ersten Montag im
Januar, April, Juli unb Oktober.
Die County Commissioners Cour
tritt alle brei Monate jusammen u. )
an bem zweiten Montag im Februar,
May, August unb November.
Die Friedensrichter halten an tri
genben Tagen Court:
Beat No 1. Letzten Montag im So
nat, Courthaus Ba Grange.
Beat No. 2, Den letzten Donnerstag
im Monat Fayetteville.
Beat No. 3, Ersten Montag jeden
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Beat No. 4, Donnerstag nach dem
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Montag jeden Monats, Muldoon.
Beat No. 6, zweiten. Montag jebe
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Beat No. 7, Samstag nach dem 3
Montag jeben Monats, Amman ngbille
Beat No. 8, Donnerstag nach den 2
Montag jeben Monats, Schule nbvtg
Dr. 23. öchmoeller
Praftischer Arzt.
Speciell Chirurgische und
Frauenkrankheiten
Dfficestun den: von 6—12 Uhr
Morgens.
SEALY ...... TEXAS
Geo. Willrich,
— Deutscher Rechtsanwalt.-
Braktisirt im Distrikt- Obere unb Ber.
Staatengericht. •••«•» •
mar- Office im Courthause.
Ma Grange, Teraß.
Die Dohemian Land
and logn Co.,
hat in ailen teilen des Staa-
tes Ländereien zu Verlausen,
und verleiht Geld in groszen
unb kleinen Bettägen aus
gute Sicherheit........
Correspondenten erwünscht.
Lab. S. Banet, Secr.,
$. D. Bop 87. Sa Grange, Tex.
Cine billige Farm
in ber Nähe Von Ammannsville.
208 Ader; 90 Acker in Cultur; Alles
unter Fenz Zwei gute Häuser mit
Brunnen. Fließendes Wasser unb
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engebäude. 1.3 Baar; Stest aus
Zeit, nach Wunsch des Käufers, zu
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ber Office ber „Zeitung." -
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Heilig, G. A. La Grange Deutsche Zeitung. (La Grange, Tex.), Vol. 18, No. 23, Ed. 1 Thursday, January 16, 1908, newspaper, January 16, 1908; La Grange, Texas. (https://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth1617498/m1/2/: accessed July 4, 2024), University of North Texas Libraries, The Portal to Texas History, https://texashistory.unt.edu.; crediting Fayette Public Library, Museum and Archives.