Neu-Braunfelser Zeitung. (New Braunfels, Tex.), Vol. 17, No. 24, Ed. 1 Friday, May 7, 1869 Page: 1 of 4
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Serausgegeben und redigirt von F er din an d S. Lindheimer.
Jahrgang 17.
=================================
viota übers
Abonnement auf die N. %. Zeitung
von No. bis No.
für Herrn
Auf einer Eisscholle.
[Erzählt von einem englischen Schiffe Argt.]
Mac Erfüllung meiner ärztlichen Tages-
oflichten war ic in her Cajüte des guten
Sciffee Arrow, Japt. James Maulp, eines
Walfiidfabrers, her zur Zeit in 71 Grad
30 Minuten nördlicher Breite war, seit ein-
geschlafen, als ich plötzlich durch ein Geschrei
geweckt wurde, das aus den Lungen des im
Mastforbs befindlichen Gapitans fam und
alle Mann an Ded rief. Oben angetommen,
erfubr ich, daß her Capitän ein Rudel Rob-
ben ausipionirt hatte.
Die Robben wurden auc von der Mann-
s aft eines holländischen Schiffes gesehen
und die bethen Schiffe steuetien auf dieselben
zu. Sobald unser Schiff in ihre Nähe 0?
Wommen, wurden Boote binabgelassen, um ste
zu verfolgen. Da ic mich bei früheren se
legengeiten als guter Schüße erprobt hatte,
so übergab mir der Capitän das Commondo
eines Bootes mit sechs Mann, wobei ic die
Funktion hatte, das Boot zu Dirigiren und
so viel Robben wie möglich zu schieben.
Nachdem wir zwischen den Eistrümmern
durc mehrere Wassergasen gerudert, kamen
wir in die Nähe der alten Robben, die uns
mit ihren großen ausdrucksvollen Augen und
emporgestreckten Köpfen anjtarrten, wahren d
Die Jungen sic neben ihren Müttern sonn-
ten. Ic wählte eine große, von den Thieren
besetzte Scholle aus, ließ bis auf vierzig
Yards an das Eistramm hinfahren und er
schos dann sammtliche alte Robben daraufs
dann fuhren wir bin und die Matrosen schlu
gen mit ihren Knütteln den Zungen die Scha
d.1 ein.
Während dann die Matrosen die Haut
und das Fett von den Aesern nahmen, sprang
ic von einer Scholle auf die andere und
sceß so viele Robben, als in meine Schuß-
weite kamen, wobei ic vom Cchifföjimmer
mann begicitet war, der einen Bootgbadken
trug, um verwundete Tbiere, die tn’a
Wasser fallen wurden, damit herauszuho
len.
Im arktischen Eise finden bäufig plößliche,
unerklärliche Bewegungen statt, infolge wel
der manche unglückliche von ihren Schiffen
getrennt werden und elend umkommen. Bei
dieser Gelegenheit hätte ic und mein Ge
fäbrte wegen einer dieser raschen Gie Bewe-
gungen beinahe unser Leben verloren. Da
wir auf einer großen Eisscholle in einiger
Entfernung mehrere Robben sahen, verließen
wir die Mannschaft des Bootes und machten
uns zu Fuß auf, um sie zu erjagen. Tom
Wunsche verlodt, ibr Del und ihre Häute zu
erlangen, wagten wir uns mit unverzeibli-
cher Unbesonnenheit zu weit von der Arrow,
indem wir das von ihrem Mlaste flackernte
Signal, das uns zur Rückfebt aufforderte
so wie auc die schon start zunehmende Briese
nicht bemerkten; boc nachdem wir die Reb
ben beinahe erreicht hatten, stießen wir auf
eine Wassergasse, die uns zurlmkehr zwang.
Der Wind, der jetzt zum Sturme gewachsen
war, und eine starke Untersirömung hatten
jedoch dasGis, über das wir zuerst gegangen,
verändert, und was zuerst fest und sicher ge-
wesen, war jetzt eineMasfe gebredenerZrüm
mer geworden, welche mit großen Waserlö-
chern umgeben waren. Sämmtliche Mann
schaften waren auf tas Signal mit ihren
Booten zum Siff zurückgetehrt und zu un
serem Entsetzen entdeckten wir quch, raß si b
Die Arrow mit ungerefft m Bssamsca l von
uns entfernte. Aus letzterem Umstande
schlossen wir, daß der Wind das Schiff von
dem Eisberge getrieben batte, an dem es be
festigt gewesen und daß der Eavitän wegen
des Zustandes bes zwischen befindlichen Eises
und weder Boot noc Mannschaft zur Hülse
sciden konnte. Das holländische Schiff war
leewärte weit weg verschlagen und fast außer
Gidt. er
Ein dichter Nebel fing an sich rasch zu ver-
breiten, so baß wir nichts mehr sahen und
unsere Lage äußerst gefährlich wurde. Wir
machten alle möglichen Versuche, um wieder
in die Nähe des Schiffes zu gelangen, indem
wir von Scholle zu Scholle sprangen, wenn
die Strömung abgerissene Trümmer zusam-
trieh,doc nach mehrstündiger beständigerün-
firengung nöthigte und die Erschöpfup, wei-
tere Versuche aufzugeben.
Wir wählten Die größte Scholle, die uns
erreichbar war and setzten uns, um auczu-
ruben, von Der Hoffnung eimutbigt, daß und,
sobald der Rebel sic lichten würde, Beistand
geleistet werden mürbe. Mangel anNabrung
batten wir nicht zu fürchten, da ic meine
Flinte und Munition genug bei mir bafte
und es Robben und Bögel in Fülle gab. Die
einzige Gefahr drohte uns, wie wir wäbnten,
von der Kalte, we szhalb wir uns so gut wie
möglich schützten, zumal uns das Heranna-
ben des Abende ankündigte, daß wir wahr-
scheinlich wenigstens Eine Nacht duf der
Scholle würden bleiben müssen. Wir wählten
deshalb eine Stelle am Fuße eines Eishü-
gela und fingen an, einen Schneewall im
Halbkreis herum zu bauen, um uns vor dem
Winde zu schützen. Als wir damit fertig wa-
ren, lagerten wir hinter diesen Wall, jündee
ten unsere Pfeifen und verrauchten die Zeit,
indem wir geduldig auf eine Aenderung des
Wetters warteten.
Ein wenig später lichtete sich der Nebel
nac einer Seite und als die Abendsonne
ihre Abschiedastrablen niedersandte, sahen
wir in der Ferne die Ja sel Jan Mayen, mit
dem in die Wolken ragenden Vulkane Bee-
renberg, der von seinem schneebedecktenGipfel
die Strablen der scheidenden Sonne zurück
spiegelte. Infolge des täuschenden Lichtes
wähnten wir die Insel nur wenige Meilen
entfernt und da der Eisstrom sich gegen die-
selbe zu bewegen schien, hegten wir die leb.
bofteste Hoffnung, das Land zu erreichen,
falls uns unsere Freunde uns nicht vorher
auflesen würden.
Als die Nacht berannabte, sank dieSonne
in blassen Abstufungen hinter den Horizont,
während zwischen uns und ihren ermatten-
den Strahlen nichts gesehen werden konnte,
als die schattenhaftenGestalten Land suchen-
den Bögel; doch wie zur Entschädigung für
die Dede ringdum erschienen bald die Sterne
am klaren Himmel mit einem Glanze, den ich
nie übertroffen gesehen habe, während das
Eis an tausend Punkten die Sternbilder re-
flektirte. Unjäblige andere Sterne schwam
men an der Oberfläche des Wassers, durch
die Eisbewegung veranlaßt, welche Millionen
leuchtender Thierchen beunruhigten. Kein
Laut unterbrach das feierliche Schweigen,
außer jenem, der von dem an den Rand des
Eises pläschernden Wa ser entstand. Uns so
gut 06 ging einbüllend und der Erwärmung
wegen nabe beisammen liegend, schliefen wir
aus Müdigkeit bald ein. 1
Da die Dauer der Finsterniß in diesen
Breiten im Sommer sehr beschränkt ist, so
erwachten wir nach kurzem Schlaf gegen Ta-
gesanbruc mit erstarrten Gliedern und nas
sen Kleidern. Große Massen weißer Schnee-
wolken schwebten über uns und ein Falter,
beißender Wind webte. Wir stiegen aus den
Gipfel eines nahen Giobügelö, um unsere
Position zu recongnosairen. Es war kein
Sdiff sichtbar und zu unserem böchsten
Schrecken sahen wir, daß wir in Folge der
veränderten Richtung des Ciostromes
ziemlich weit verschlagen worden und
uns von der In sel immer weiter entfern
ten.
Im Verlauf des Morgens erhob sich der
Wind zum Sturm und unsere Bewegung
durch das Wasser wurde immer rascher. An-
dereMassen Eis wurden mit großerHeftigkeif
an die Scholle getrieben, auf der wir standen,
aber Da keine größer oder compakter zu sein
schien, als die unsere, so bielfen wir es nicht
für rathsam, sie zu verlassen. Zahlreiche
Schwärme von Bögeln flogen vorbei, von
denen ic mehrere schoß, worauf wir sie in
unserem Hunger mit Vergnügen rob ver
jebrten Auc waren die trodenen warmen
Vögel nützlich, indem wir sie zwischen unsere
Leiber und die nassen Theile unserer Kleider
Klopften. Nachdem wir unseren Durft mit ge
scmelzenemSehnee gelöscht, thaten mir uns
mit unseren Pfeifen gütlich.
Während des Vormittags erschien eine
dunkeblaue Einie am Horizont, die uns die
Nähe der offenen See anzeigte und die uns
umgebenden Wassergassen nahmen tasch an
Zabl, Größe und Breite zu. Wir gaben jede
Hoffnung auf, Jan Mayen s Insel zu errei.
chen und unsere einzigehoffnung auf Rettung
bestand darin, daß uns ein vorbeifahrendes
Schiff aufnebmen würde. UnserMlißbebagen
wurde noc erböbt, als es nun auch anfing
zu schneien. Auch fingen wir an durch die
Kälte zu leiden und bemühten uns vergeblich,
durch Bewegung das Blut in gehöriger Cir
Fulation zu erhalten. Unsere Haut fühlte sich
raub an und schmerzte bei der Berübrung,
unsere Lippen schälten sich und schmerzten u.
unsere Augen schwollen an und wurden roth
und blutunterlaufen und ic fuchtete, daß
wir schneeblind werden würden. Um uns da-
gegen zu fügen, band ich ein Paar durchlö-
Freitag, den 7. Mai 1869.
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cherte Lederiemen, die ic aus meiner Jagd-
tasche schnitt, um die Augen, was uns sehr
wobl that.
Gegen Nachmittag wurde das Eis, anf
dem wir waren, von einer Welle auf und
niedergeworfen, während ein dumpfes Kra-
chen uns verrietb, daß das Eis sic aufzulö-
sen begann. Stücke vom Rande der Scholle
rissen ab und wir fühlten eine gewi sse zittern
de Bewegung unter unseren Füßen, welche
sic bald in ein wirflicesBeben verwandelte.
Obwohl wir mannhaft bemüht waren, uns
gegenseitig zu beruhigen, wurde es doc nur
zu augenscheinlich, daß wir in die offene Gee
hinaustrieben.
Unsere Gefühle waren in dieser Zeit zu
verschiedenartig und verwirrt, als daß ich sie
mit Worten beschreiben fönnte. Momente
natürlicher Schwäche zeigten sich hin und
wieder, wenn wir unserer verlorenen Sache
uns so tedhit bewuszt wurden; aber da wir
das uns Probende Uebel nicht abzuwenden
vermochten, so bemühten wir uns mit aller
Kräften wenigstens unseren Nlutb aufrecht
zu halten. Doch wir hatten nicht lange Zeit
zum passiven Nachdenken, denn mit einem
heftigen Krach barsch die Scholle auseinan.
der. Obwohl es schwer war, ohne uns anein-
ander zu halten und den Bostohadken zu ge-
brauchen, uns auf den Fügen zu halten, so
tippte das Eis doch nicht um und drang die
Welle, welche die Scholle zersprengt hatte,
nicht bis zu uns herauf. Ringsum hoben
die Wogen ihre schäumenden Kämme, als
wollten sie uns zumEmpfang begrüßen. Doch
so fruchtbar die Scene war, so war ste nicht
minder großartig. Eine Wasser Wildniß
dehnte sich vor und aus und als die zweite
Nacht herannahte, trieben wir in dieselbe
hinaus, während nur kleine Eisstücke um uns
schwam men.
So lange es hell war, suchten wir so viele
derselben wir möglich mit dem Hacken her-
anzuziehen und schichteten sie um unsere
Scholle herum auf, um zu verpüten, daß das
Wasser unsere Scoue direft angreise. Ob-
wohl die Strömung zunahm, während wir
und von dem Treibeis entfernten, so ging die
See doch nicht mneir 1° poch und wir glaub-
ten, da Das Wasser ziemlich glatt geworden,
daß die See auygehöit habe, unser kleines
Gebiet zu verzehren. Unsere Finger waren
erstarrt und es bedurfte gewaltigen Reibens,
um sie vor dem Erfrieren zu schuhen. Nri.
gung zum Schlaf bemächtigte sich unser, doc)
da wir diewefabr aus die jerDaelle fannrent,
schlicjen wir nur abwechjela d je zwei Sluu-
den, wobei der Wachende strenge darau)
hielt, den Schläfer mit Gewalt zu
wecken, wenn seine Zeit des Wachens
tam. -
Die Nacht verging dem Wachenden in
Gorge und Ang t. Um Morgen des Dritten
Tages war eine plözliche Aenderung der
Temperatur eingetreten. Der ein plößliches
Beven derLuft vorgegangen war. Sie Sonne
ging auj und sandte heiße Strahlen nieder ;
Dao kis murie mürbe und von Feuchtigkeit
durchtränkt und wir waren einer doppelten
Gefahr pretogegeben, von der wir früher keine
Ahnung hatten. Bisher war unsere Gesay r
die Kaite, das Wirken der Wellen und das
Brechen des Eises; jest kam unsere Gefahr
von dem Sonnen Einfluß oben
und vom Einfluß des Golfstromes un-
ten.
Dieselbe Sonne, welche anderswo endlose
thierische und Pflanzen Existenzen entstehen
ließ, machte unsere einzige Lebensstüze
schmelzen und bald war Die Scholle nur eine
dünne Platte, Die uns von der lalten Tiefe
des Eismeeres trennte. Wir blickten zum
Himmel auj und sahen nur lichte Wölkchen
die vor der Sonne rasch zerflossen, un d hinab
auf das Cio, das sich unter unseren Füßen
langsam zerbröckelte. Die Stille der Seene stand
im unmittelbaren Gegensaß zu den Kämpfen
in unseren Gedanken; ibr Saweigen und
ihre tiefe Nluhe dienten nur dazu, um unse-
ren Herzen den Charakter unseres bevorjte
henden Geschicke um so tiefer einzuprägen.
Jeder Gegenstand schien Zeugniß zu geben
von Dede und Ver lassenheit und unjere
Resignation machte der Verzweiflung
Plas.
Der Vormittag war inmitten dieser Roth
verflossen, da ließ mich ein lauter Aufruf
meines Gefährten nach demdorizont blicken,
wo die Segel einer Barke sichtbar wurden,
die auf uns zusteuerte. Als sie näher kam,
zogen wir unsere Röde aus, hingen sie an
die Spitze des Bootshackens, feuerten und
gaben alle Signale, um die Aufmerksamkeit
des Schiffes auf und zu ziehrn. Wir hatten
bald die @enugthaung, zu sehen, daß unsere
Zeichen bemerkt wurden, da die Schifföleute
eine Flagge am Besanmast aufzogen und sie
zum Zeichen zweimal senkten. Ein Boot wur-
de binabgelassen, dessen Steitermann mit
Gin für unseren Gebrauch versehen wurde
und dieses Reizmittel gab uns nach unserer
schwer en Prüfung neues Leben. An Bord
derBarke angelangt, wurden wir sebr gastlich
dufnenommen u. mit jedem etforderlichen
Comfort versorgt.
Ich konnte dem Capitän, der ein Hollän-
der war und mein Englisch nicht verstand,
auf seiner Karte zeigen, wo uns die Arrow
verlassen hatte und er war so freundlich,
seinen Cours zu ändern, um uuser Schiff
zu suchen. Wir fuhren wieder in die GioRe-
gion und zwei Tage darauf kamen wir itt
Sicht der Arrow, deren Mannschaft noc im-
mer nach uns suchte,obwobl ste dieHo ffnung,
uns an finden, schon beinahe aufgegeben haf-
te.
Eine Etgenthülichfeitdes
Deutschen.
(Unter dieser Ueberschrift bringt die Ter-
nessee Statsjeitung folgenden von den ge-
wohnlichen Ansichten sehr a bweichendenArff-
fel.)
Für dasVertrdien des Deutschen oder rich.
tiger, sein Vertrauensvusel in politischen
Dingen, muß man einerseits freilich den
rechtlichen Charakter des Deutschen als Ent-
schuldigungsgrund gelten lassen, anderseits
aber liegt die Schuld in einer Schwäche der
politischen Unmündigkeit undBequemlichkeit,
welche in den betanntenAusdrud „Deutscher
Michel" zum allgemeinen Spott geworden
ist.
Hat doc der „Deutsche Michel" selbst in
unserem Staate als gefällig lächelnder, ge-
horsamst folgender Wähler, für Seymour
und Hoffmann seine Schuldigkeit —
gethan ? — nein — mir sich thun laf-
sen.
Werfen wir einen Blick auf die „Nord-
deutsche " Wirthschaft, so haben wir folgendes
Bild:
Ein alter Soldaten-König mit allerlei
Schrullen im Kopfe, als da sind : Verbesser-
ung von Unteroffizierfragen undSergeanten
knöpfen, Balletmädchen ic. ic. Dieser alte
König wird von dem schlauen Bismark, der
natürlich seinen Mann kennt und nur in
der Uniform seines militärischen Ranges
erscheint, fortwährent attaquirt, um Dinge
zu genehmigen, von denen er nichts ver-
steht.
In Parenthese sel bemerkt, daß König
Wilhelm einer Deputation, welche, den Schein
seiner Gnadensonne benützend noc gelegent-
lich um Förderung Des Seidenbaues flehte,
die naive Frage vorlegte: was das
fel und, ob dergleichen im Lande existi-
re.
Wo sich König Wilhelm sehen läßt, da
laufen ihm die unvermeidlichen Weistgeklei-
deten, die Magistraten und alle weltlichen
und geistlichen Behörden entgegen und das
Voll schreit diesem unfähigsten al.
ler Menschenlenker seine „Vivats"
nach.
Bismard —: durch gefällige Vermittelung
des schlaffen liberalen Ministeriums Auers-
wald Schwerin — ist der würdigeNachfolger
Manteuffel’s. — Letzterer war ein serviler,
feiger Staatsmann, keiner energischen Haud-
lung fähig. Ihm verdankte Preußen den
Beginn der Re acti o n im Innern,
die größten Erniedrigungen nach Außen ihm
verdankte es SImüt.
Da kommt Biemark: — er bebt den mo-
talischen Credit nac auszen, wetzt die Man-
feuffel’chen Schatten aus,— hurrab! er in
der rechte Manu, denn er besitzt eine $bat-
Traft, welche die Bewunderung der Welt er-
regt.
Armes deutsches Toll 1 — das Ausland
mag den Mann immerbin bewundern — es
süblt Deine Wunden nicht; es füblt nicht,
bis zu welcher Niedrigkeit Dich Dein Bis-
mark Vertrauen hinabgedrückt hat. Hast Du
vergessen, wie er mit Deinem Gelde gewirtb-
schaftet hat und als die damaligen Abgeord-
neten (die jetzigen thun das nicht mebr) ihm
Gelder verweigerten, — daß er ihnen sagte :
er würde e6 nehmen, woher er es bekommen
könne ? Hast Du vergessen, mit welcher Ver-
actung er Deine Vertreter auc in anderen
Fällen behandelt hat,als sie e6 noc wagten,
zu opponiren ? Hast Du vergessen, wie er
seinen Eid auf die Verfassung unzäbligeMale
gebrochen, besonders als er die Verordnungen
schuf, welche die Presse der Polizei Wilfür
überlieferten ?
Aber Bismarl hat Deutschland geeinigt;
darum jubelt das Volk, denn 66 fühlt nicht
die Schmach, die in dieser Einigung liegt.
Das Voll ist noc immer berauscht von den
Siegen in Böhmen.
Die Deutschen waren längs einig; das
Volk wollte kein Blutvergießen, es wollte
nur die Fesseln los sein, um sich selbst einigen
zu können. Was der „deutsche Michel"
nicht znließ, das that die Herrschsucht ! —
Sie vereinigte zwar nicht die Bölker, aber
sie zwang dieselben unter ein herrschüchtiges,
absolutes Regiment. Die co sonst noc leid-
lic ertragen kennten, seufzen jetzt unter der
Last der Steuern und der absolu-
ten Macht einer reactionären Regie-
rung.
Die Finanzen der norddeutschen Bundes-
staaten schlechter und schlechter, der Groß-
machtafitzel hält das Volf fortwährend in
Athem vor lauter Kriegsgefahren, die Schu-
len stehen nac wie vor unter dem Regiment
der schwarzen Gesellschaft, die Familie wird
mehr und mehr eine Goldatenlieserungsan-
stalt — aber Biemark is doc der größzte
Mann, seine Kammern thun ihre Sdülbig-
feit u. er fann sie stets mit einem Lob entlaf-
sen.
Der selbstbewußte Theil des Volkes in er-
grimmt, aber ohnmächtig, denn die große
Masse ist zufrieden und herzinniglich lacht
und freut sic bei Bier und Tabak so selig,
— so selig — der deutsche Michel.
20, .
Die Atlantischen Blätter
(Sonntagsblatt der New Yorker Abendzei-
tung) enthalten folgende Schilderung von
Alaska:
„Die Bodenbeschaffenbeit Alaska’s in
sehr günstig, vorzüglich drei Formationen
werden gefunden, die in geologischer Bezie-
hung das Zutrauen des civilisirten Einwan-
derers zu fesseln vermögen, nämlich Treibe®
an der Küste, Glatteis im Innern u.Schnee
und Gefrorenes in Den übrigen Regionen.
Was die Anhöhen betrifft, so befinden sich
die Gletscher nicht blos anf den Spitzen der
Gebirge, sondern auc am Tußze derselben,
so daß man nicht Gefahr läuft, von herab
vollenden Lavinen erschlagen zu werden. Die
Luft ist rein und frisch und an Sonnenstich
leidet kein Mensch, selbst nicht in gereiztem
Zustande. Die Vegetation läßt sich aufRenn-
thiermooe zurücksühren und auf Hölzer, die
importirt sind, auch der Tabak gedeiht in
getrocknetem Zustande, selbst das Gold ist
feine Chimäre. An Säugethieren uud Del-
thieren is kein Mangel ; die letzteren werden
durch die Naturforscher Alaska’s fe nach der
herrschenden Mode und dem Kostenpreise
in vier Klassen getheilt, nämlich in Mink,
Zobel, Fuchs und Eisbären. Auch Bögel
giebt es fm Ueberflits und in großen Schaa-
ren; mehrere Arten derselben leben fast aus
schließlich vom Heringsfang, ohne besonde
ren Durst zu zeigen, wieder andere fallen
im strengsten Winter, durch die Kälte veran
laszt, besinnungslos zur Erde und werden so
eine Beute des Jägers. Ueberhaupt hat sich
Alaska, seit es keine russische Provinz mehr
ist, in seinen politischen und Handelsver
hältnissen sebr gebessert. Der eingeborne
Russe nämlich huldigt fast nur der Jagd
und dem Wutfi und war im Uebrigen ein’
tyrannischer und fauler Kunde, so daß an
Reformen oder unabhängige Bewegungen in
Alaska nicht zu denken war. Dagegen kam
mit dem Yankee gleich ein anderes Leben in
den neu erworbenen Welttbeil — man fängt
an über öffentliche Angelegenheiten zu den-
ken und zu reden, und obschon man keine
langen Reden wagen kann, da das lange Of
fenhalten des Mundes die Gefahr der Erfäl
tung mit sich bringt, so hat derZankee durch
eindringlichen parlamentarischen Gebrauch,
nämlich Durch das Boren, dafür gesorgt, baß
stc die Ueberzeugung und gegenseitiges Ur-
theil besser einprägt und es an ber nöthigen
Wärme bei solcher Gelegenheit nicht fehlt.
Dabei kennt der Yankee keine Jollschran
ken ; es ist erlaubt, auf Alaska Eis zu holen,
so viel man braucht, kurz, überall ersieht
man den Verstand des Yankee und seineThä-
tigkeit, und überall folgt ihm der Segen der
Cultur, wohin er sich auf Alaska wendet u.
das Auge hinblickt.
Europäisches.
Washington, 26 April. Der spe-
cialle Londoner Korrespondent des Herald
sagt: Es geht das Gerücht, daß daß die Re-
gierung hinsichtlich Cubas eine kühne Poli-
tif annehmen wird, daß sie den Insurgenten
das Recht einer kriegführenden Macht zugc-
stehen wird und durch ihre Unterstützung der
Insel zur Sicherung ihree Unabhängigkeit
zu verhelfen beabsichtigt, um zu verhindern
Nummer 24.
===================================
daß Die Bereinigten Staaten Euba nicht mit
sich vereinigen und damit England binsicht-
lic seines Birfahrens gegen die Confödera-
tion sich consequent bleibe.
In Neapel find zahlreiche Berbaf-
tungen vorgenommen worden, ein großes
Camplott von republikanischer Tendenz, beisit
ee, ist entdeckt, an dem sich auch ein Theil des
Heeres betheiligt batte.
Man bat ein Project aufgeftelt, .
durch welches man Irland undSchettland so
mit einander vereinigt, daß eine Fuspasfaga-
ge von dem einen Lande zum anderen unter
Der Sce möglich ist. E6 soll nämlich eine Art
Eisenbahntunnel unter den Gewässern ge.
baut werden. Der Eingang sel von Irland
aus in der Mitte zwischen Eusbenden und
Cusbenball an der Küste von Untrim, und
an schottischer Seite in Glenfloon beginnend
und von hier aus durch das Haupt vonMud
Eontyre laufen. Die ganze Länge des Sun-
nele würde 144 Meilen betragen und man
behauptet, daß der Boden, durch welchen er
gemacht werden soll, ein ausgezeichnet
günstiger für die Operation sel.
Die Zeit, die zu diesem Baue nothwendig
ist, wird wenigstens sechs Jahre betragen u.
werden jedenfalls 5,250,000 Pfd Sterling
nöthig sein, um die Kosten zu decken. Eine
Eisenbahnverbindung zwischen Schottland
und Irland wäre allerdings sebr zu wünschen
u. würbe für betbe Länder von großem Bor-
theile sein.
Paris, 13. April. Der Kaiser bat
den noch lebenden Soldaten des er-
Rten Kaiserreichs eine höhere Pension ver-
willigt.
R o m, 17. April. Es circulirt das Gee
rücht, Napoleon habe verfügt, daß die frane
gösischen Truppen im Juni von hier abziehert
sollen.
Madrid, 18. April. Der Bau von
Kanonenbooten, welche für den Dienst bet
Cuba bestimmt sind, wird mit großem Eifer
betrieben, so das sie wahrscheinlich bis Ende
Junt fertig werden.
Unter den Mitgliedern des spant-
schen Cabineto sind Zwistigkeiten ausgebro-
chen.
Ge heißt, Prinz Friedrich Earl von Pren-
gen und der Herzog von Surenburg würben
als Kandidaten für den spanischen Thron
vorgeschlagen werden.
London, 16. April. Auf Antrag bes
Premier Ministers@ladstone constituirte fidy
das Haus als Komitee für die Aufhebung
der irischen Staatefirche. Bon conservativer
Seite wurde ein Aufschub der Maßregel be-
antragt, aber mit 229 gegen 126 werwor-
fen.
London, 19. April. Dr Livingston,
um dessen Schicksal man so besorgt war, bat
jetzt Zanzibar, im östlichen Afrika, im Ja-
nuar verlassen, um über Cairo, in Egypten,
nac England zurüdzukebren.
Eine LondonerAbendjeifung
„the Glowworm," berichtet, daß die spant-
che Regierung ihrem Gesandten in England
anfgetragen Dabe, das Cabinet von St. Ja-
mes zu sondiren, was dasselbe zu thun ge-
denke, wenn Schwierigkeiten aus der Unter-
drüdung der Onsurrection aufEuba entstehen
sollten. DerGegensfand in fortwährend nac:
unter Beachtung und eine Antwort ist noch
nicht erfolgt.
London. Der englische Gesandte gut
Pekin widerspricht der Behauptung Burling-
ames, daß die Chinesen für den Fortschritt
seien.
Es wird Berichtet daß die katholischen
Missionare und einige Hundert Belehrte
in der Provinz Sachen in China, mafsia-
crirf worden sind.
Condon, 22. April. Die projectirte
Anleihe der spanischen Regierung von
$8,000,000 Pfund Sterling, welche burd
I. S. Morgan in den Marft gebracht wur-
de, hatte großen Erfolg.
Madrid, 22. April. Der Artikel ber
Constitution, welcher allgemeines Stimmrecht
gewährt, wurde von den Cortes beinahe ein-
stimmig angenommen. Nur 14. Mitglieder
stimmten dagegen. (A. d. R. Wenn dieses
allgemeine Stimmrecht auf die in Spanien
zahlreichen Juden und Zigeuner ausgedehnt
würde, so würde es von den Cortes wohl
nicht so willig angenommen worden
sein.)
M a drid,23. April. Die ortes haben das
Amendement einer gemäßigten Tonsorschaft
der Preßfreiheit verworfen und Das
ursprüngliche Gesetz einer vollständigen
Preßfreiheit angenommen, sowie das Ber-
sammlungörecht und das Recht der Detfoni-
rung.
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Lindheimer, Ferdinand J. Neu-Braunfelser Zeitung. (New Braunfels, Tex.), Vol. 17, No. 24, Ed. 1 Friday, May 7, 1869, newspaper, May 7, 1869; New Braunfels, Texas. (https://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth1651896/m1/1/: accessed July 10, 2024), University of North Texas Libraries, The Portal to Texas History, https://texashistory.unt.edu.; crediting Texas State Library and Archives Commission.