Seguiner Zeitung. (Seguin, Tex.), Vol. 21, No. 17, Ed. 1 Thursday, December 14, 1911 Page: 6 of 10
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gtdjnlMose*
Ceibett*
govtfeftung.
Die v5itnifo.iTitc hatte bie ■S'tcpfe
ihres grünen Sfti:ttmer§ beraubt, sie
jah nun auS, wie eine Büßerin, mel-
dte für im Seua begangene Bergehen
bestraft worben ist. öraite häßlifte
Sermuth'büjdid \fd>aitfcltcn fift im
leisen Siitbe — amguß citteS ber fast
untiterfltd) anfteigenben breiten £ü-
gelS graste frieMift cm itupp .Sfa»
meele. 3n£>ättplen ber 9?eiter jehwebte
t;od) in ben Stiften ein windiger
$unft, ein gaffe, ber plöhlift hernte-
berfftoß, bie tjurtige, fleine Siefel-
rnauS, weifte unter_ fdjtunrtfenbem
Sermuthbufft im hei&euSteppenfan-
be baust, äugftS]enb unb bebtobettb.
©er Port roeifsliften Solfen bebeefte
Fimmel pcrlieh ber ^Steppenlanb
fftaft eine eigenartige gärbung; au S
berfJJatur, weiftet- bie Senne beS Sü-
benS jegliften Blüthenjftmucf ge-
raubt hatte, jprad) heute etmaS 9te-
signiertes.
„Destornieren (Sie irgenb etwa?,"
bat Slfta unb blicftv ,$arrtj an, aber
e» roar bccl), als ab ihre Slugen ich-
nenb unb iudjenb über iljn hinweg-
glitten.
„SaS befehlen Komtesse?" fragte
^arrt) in einem übertrieben unter»
würfigen 2on. Er roar begliicft, baß
Slfta ihn um etroaS bat.
„Siatiirlid) etroaS SdjwermiitbigeS.
bas jii ber sonnenlosen Steppe paßt."
Slfta batte $arnjS poetiffte Ber|ud>e
nur fliifttig gelesen, sie empfanb we-
nig Interesse für bie anmutfiigen
lieber, in roelfttm eS natürlich nodj
gärte unb brobelte Pott iibcrfdHiumen-
ben ^ugenbibealen, ben ©runbaug
beriethen bilbete jebod) ein tiefe» unb
ftarfeS Gntpfiitben, bafiir aber fehlte
Slfta nadi bas Beritänbniß.
Slfta 'batte £>arn) gern, aber 31t-
gleid) mar er in ihren Singen fein
Gljarafter, über ben man naftbaftte,
unb mit befjen Gigeitart man fid) be-
fd)äftigte. „(Ic if; ein guter ^nnge,"
so lautete ihr Urtheil über &arrt).
Dieser besann fid) einen Moment nub
begann baun mit feiner weiften, iqm-
pathüften Stimme:
„Seit in ber Steppe, ba liegt einSee,
Dort fliegen bieiWötoeit, bie jdjnellen,
Cis {lüstern Pon Siebe uub SicbeSmeh
Sie raujdjenben, tan^enben ©eilen.
Unb immer trauriger Hingt bie S'iär
Unb .leiser roujfteu bie Sogen
2>a sammt 00m Saume ber Steppe
ber
Gin Drupp .Üanteele gezogen.
Shm jftmeigt unb uerftummt ber alte
See,
Gr mag fcen Sftluß niftt erjaolen,
Denn was »ersteht »on Siebesweh
Die beerbe oan Garneelen."
„Sehr stimmungsvoll," bemerfte
Slfta unb oergaß, nad) betn Slutor
beS ©ebrftteS au fragen. „Bitte nad)
etwas", bat sie bann, ganj wie ein
Kinb, baS fid) langweilt uub unter-
halten {■ein miü. Sie fanb eS gaita
eigenartig fftöri, über ben Steppen-
fanb, in roekhem ber $uffftlag ber
s4Sferbe nid)t laut mürbe, ba^litjufei*
ten unter einem sonnenlosen ipimmel,
I)iitter beffen meiner SBolfenid)id)t fid}
eine fengenbe Sonne tterbarg. ©S
n>ar fd>ön, fid) unter bern ©lange bon
$arr>)'3 Stimme im Sattel ju roie-
gen. Gr beflamierte eine alte norbi-
jd)e Safl'abe unb ging bann 311 seines
2tfro über, juleljt fprad) er ein @l)a-
fei, ba§ Pon ®lut unb ^nuigfeit
förmlid) burdjftrömt mar.
Unb Slfta roar e3 ju Sinn, als
erlebe sie ein Steppenmärdjcit.
' 9?un am ?Ibenb bcSfelben Xagel
spielte bie Äapeüe im ^laßgärtdjen:
„Sie |"d)ön'e blaue Do-nau", unb
$arrp jprad) oon ^apjal unb ben
bärtigen Sonderten, bie maljrenb ber
Saison ftattfanben, er fprad) pon
Spante llirifeS ©arten mit ben großen
Seofofenbeeten, Pott ®aimUa üant-
Pig§ ^odfycit, öon einem norbifd>en
Sdjriftfteller, befjen letjter 31 out an
einen tiefen Ginbrnc! in it)nt Unter-
lassen batte, Pon greilidjtbilbern unb
ber SBioner Operette in Petersburg.
Slfta Ijörte verstreut ju unb badjte an
tRialf unb grau Sifa, roeldje auf ber
Beranba im Dv'onbjdfein jafeen unb
ebenfalls ben Klängen ber 'Dciiftf,
n>eld)e ber 28inb 311 iljnett herüber-
trug, lauidjten. 2lfta batte .§arrt) ge-
beten, sie Ijiertjer 311 begleiten, eS roar
tf)r tnleber einmal unerträglich geroe-
fen, so unveacl)tet oon SRalf bajufi^en.
GS märe ja t'böridjt öon iljr geroe-
fen, auf eine Sterbcr.be eifersüchtig
gu fein, aber in SlftaS Seele gäbfte eS
unb jnroeilen Ijütte sie am liebsten
laut aii'fgefdjrien Por 3orn unb-Qual.
Seftt begann ßorri) oon feinem
grofspn Siaitbbe;auf ber roeltterucn
ftißen Halbinsel 311 rebeu. Jvrüber roa-
ren SlftaS Sliife täglich 311 ber .Hiiite.
roeldie sie oon ber Ijeimatlilidien sBifla
beutlid) erfdjauen sonnte, biniiberge-
fdjmeift, unb mit einer gewissen @e-
ringfebäfeung batte sie bie Seute.
roeldje bort lebten, bebauert. ®S muß-
te ja trostlos sein bort briiben, roie le-
bendig begraben mußte man sich oor-
lomnten.
$arr>) jt^ilberte ben gro&en ^ktrf
in Strietberg, ben feit; ®ro&t>atcr
miittcrltd^rjeit^ angelegt ^aitc, ec
sprach t>on ben fleinen flinfen Ara-
bern, roeldie im Sinter unter hellem
Sd)eDenge!äut pfeilfcl)ttesl über bie
Öud)t sausten, ben leidjten finuifdjen
Sdjlitten roie eine Slußidjale über ba->
fpiegelblaufe ©iS jiehenb. lir et^äbl-
te Pon beut großen Saat mit ben
Jthnenbilfccrn uub fing ldjließlich ba-
oon an, irie einsam er eS bereinft in
Strietberg haben mürbe uub baß er
biefe Cfinfüinfeit 511 Pcrnteiben miiu-
fd)e. Slfta cernal)m nur bie Sorte,
rneldje an ihr Chr brattgen, uid)t bot
Sinn berjclfcen. Die „blaue Donau"
fiel ihr auf bie 9tercen, unb aU ba§
Crd>cfter „S-lhitterfecieualteiu" 311
spielen begann, ba unterbrach lie
4>arrijS Sieben, meld)e immer g>
bämpfter uub einbringlid;:r rour^n,
mit betn briiSf hcrPorgeftoßencnStua»
ruf: ,,v>c!) gehe nad) .-oaufe! Jcem —
nein, bitte folgen Sie mir nicht,"
fuhr sie haftig fort, „ich mag nicht be-
gleitet roerben, id) habe ©opfroeh unb-
gehe bireft auf mein 3™nter' bitte
0arrt), bleiben Sie ruhig hier."
G'je §arrt) etroaS erroibern sonnte,
staub er allein auf ber Pom 3Wonblid)t
hell befd)ieneneti Straße, Slfta nuir
bereits im Schatten ber Sird)e oer-
fibrounben. Da ftanb er nun mit fei-
nem £>ciratl)Santrag, ben er gewisser-
maßen feit Sagen „fertig in ber la-
fd)e" trug. Die ©inleitung 31t bemfel-
ben hatte er ja bereits soeben oerbro-
djen, ahnungslos, baß feine#bebett*
tungSbofle'ti Sorte Por tauben Ohren
»erflungen waren. Gr hatte nur ein
SBJort herausgehört attS SlftaS hafti-
ger, faft tinfreunblicher Siebe, nad)
ber sie fluchtartig baoongeeilt roar,
bie Pertrauliche Slnrebe „§arrg",
ireldhe sie früher i'hm gegenüber nie
gebraucht hatte.
Unter ben Klängen Pon „Sfhtß i
bettn, muß i benn 311m Stäbtchen
hinaus", gab fid) ,§arri) ben per-
Iocfenbften SufunftSträumcn hin.
ÜJforgen mitt'be er sicher bie ersehnte
Gelegenheit finben, Slfta ft'iue Öiebe
jti gestehen. Gr hatte noch feine Xiujt
00311, fein auf3ufud;en unb
mollte noch ein bißchen im ©arten
untherpatrouillierett, um nach bem
Öid)tfd)immer, meiner burch »e biete-
ten, meißen Sftullgarbinen por SlftaS
geilster fiel, 31t fpdljen. So roanbelte
er benn auf bett engen pfaben be§
©eniiifegärtchenS ber §auSrcirthiit
umher. Sdjioefter Gngelbrecht, oon
melcher Slfta behauptete, bafe fieSlehn-
Iid)feit mit einer alten ^atrijierin
auS bem 16. ^ahrhunbert befi^e, so
streng unb mürbepod jehe sie auS, als
märe sie einen: ebenfalls sehr alten
Silberrahmen entstiegen, gab nichts
auf 3ierfträud)er. SJadjbent ■ ©am)
jmijdjen ein Sirrfal oon ausgespann-
ten Säjdjefdjuüren gerathen roar,
gab er baS planieren auf unb be-
jd)loß, sich auf fein Simmer aurücf>u-
3 i ehe it. Gr roanbte sich bem breiten
SWittelroeg au, welcher aum $aitfe
führte unb auf bem man ben schatti-
gen Obstgarten paffiren mußte.
roorben fein. biefem ?8rief beant-
wortet Sigeran meine ®orfd)läge,
welche id) ihm in beaug auf bie uu-
gliicfliche Susanne uub beren Sohn
gemacht hatte, ^cl) gestehe öhiien of-
fen, baß id) enttäu]d)t hüt. Zigeran
selbst hatte bie Verfügung getroffen,
baß Susanne baS $criis nad) bem 2o-
be meines Schwagers, nicht mehr be-
treten bürste. 'Sigerait hatte ihr eine
fleine ^abrcSreute ausgefegt, außer-
bem nod) auf einige 3eit hinaus Die
GraiehungSgetber für ihren Sohlt he-
tüilligt, bamit glaubte er ieiner'!jS'flid)t
bcti bei ben gegenüber poüfoiutuen ge-
nügt 3» haben.
n-iir Susanne unb ihren ^Sohn ist
Jigernu 311 früh gestorben, ^ch jweif-
le niit b':ran, baß eS mir fdiließlich
bod) gelungen wäre, meinen^ S-Iaitn
311 bewegen, ben jungen SJJenfchcn als
einen Siaiiguiofj aujuerfennen unb
baS Grbe meines SdjroagerS mit bem
SSaterlofen 3U theilen. Sigcratt war,
roie QhntMi ja besannt, sehr reid) unb
id) oerfiigte )"d)oit als junges SJiäb-
d)cn über ein hübjdheS Vermögen,
welches fid) feit bem £obe meines er-
sten (Satten Perbreifadjt hat. 3$ ha-
be biefeS (Selb bei meiner aweiten
Ghefd)ließung für meine Zoditer be-
ponirt. Sir roären pefuuiär über-
haupt nid)t gefchäbigt worben, wenn
ligeran baS oon feinem Sruber ^er-
erbte Saaröermöaen feinem Steffen
abgetreten hätte. SiS jeht ist öeonib
roie ber Sohn eiiteS rcidjeit §auieS
erlogen worben, oieüeidjt weiß c!r gar
nicht, welch' ein iWafel au feiner @e-
burt haftet. SJater unb ®?utter ha-
ben ihm eine Saft aufgebürbet, unter
roeld)er er jd)ttlbIoS leibeit roirb, so
halb er bie*ffiahr()eit erfährt. Ober
biefelbe ist bereits jetjt schon Wie ein
ähcnbeS '®i^t in feine Seele gebrun-
gen. Sie nennen Srina, bie unbe-
wußt an ben Siinbeu ihres ungliicf-
liefcen Katers trägt, baS „uiifdjulbige
Sei ben", 'sehen Sie nidjt ein, baß je-
ner ßeomib, ber Sohn meines Schwa-
gerS, ebenfalls ein Opfer ist, baS für
bie Siinbe, welche feine i'ciitter in
ben Slügen ber Seit begangen^ hat,
möglidKrweife wirb büßen müssen.
Senn aud) fein uitfchulbigeS Seiben
anberet Slrt ist, roie baSjenige Sri-
naS, so bleibt aud) fein Sd)ic!fal un-
ter gewissen '23cbinguitgen ein bitte-
res; um so härter roi'trbe eS fiel) jebod)
für ihn gestalten, trenn er feine SluS-
bilbung in ber SKoSfauer Öehranftalt
nid)t beenben fönnte unb roenn ihm
bie Äittel 31t fernerem Stubium feh-
len wür ben. Seber Susanne nod) ihr
Sohn befi^en irgenbroelche Dofurnen-
te, weld;e beweisen, baß sie bcigu be-
redjtigt fiitb, eine Unterftütjung Don
bett Siaivguloff'fchen Grben 311 oer-
langen. SJfcin SKanri ist ja nicht, ohne
ein Testament hinterlassen 31t haben,
geiftorben unb feine UniiPerfalerbin
bitt, roie Sie wissen, id). ^ch barf baS
jRanci
lUlL 'WUL lUt||til, LU|. UUL| UU3; w ' "V _f ' .. . -
igulofffd)e SSermögen nidjt wiCt-rtf^rgen. Senat )ie fid) getitig auch
14. Kapitel.
Der SKcnfd) erfährt, er fei audj, wer
er mag,
Ein leßteSfSlücf utib ein?n legten2,ag.
©oethe.
grau S'lfa hatte Slfta unb $arrt),
als beibe 311m Konjert aufgebröchen
roarett, mit einem langenSliä uachge-
jdjaut. „<SIücflid)e ^ugeub," sagte sie
bann, nachbem bie beiben bie Don ber
Seranba ^itt ben ©arten fi'threitben
Stufen hinabfd)ritten unb auS bem
Üorgärtchen auf bie Straße hinausge-
treten waren. „Der ©ebanfe, ^riita
sticht herattwad}fen sehen au sönnen,"
fuhr sie fort, „ist mir oft ein unsag-
bar schwerer, mir bangt Dor ihrem
tiinftigen Scbicffat. ^d) gehe unb lasse
mein Kinb in einer falten , erbar-
mungslosen Seit 3urücf, oerbammt
ba3it, fein jd)ulblofeS Seihen ein Diel-
leidjt sehr langes 9JJenfd)enalter htn-
burch als eine furd)tbare Saft 3U tra-
gen."
„Sie haben mir erlaubt, mid)
vshren Jyreunb nennen 31t biirfen,"
erwiberte SRalf, ber in einem leichten
Korbsessel in ber ^She ber Chaise-
longue ber Krausen faß, „Dann sön-
nen Sie auch nicht besorgt um 'Srina"
fein. $jd) perfpred)e vsbnen, baS mir
io theure fleine @efd)öpfd)en au
fdjiihen unb 31t behüten, fobalb eS
eine» Schuhes bebarf."
,,^a, id) roeiß, bafe Sie mein treue-
fter Sreuulb finö. iKalf Sensor, unb
td) hoffe, nein ich roeiß eS ebenfalls,
baß Sie 3U ^rinaS Schuh stets bereit
fein roerben. Diese Ueberzeugung er-
Ieid)tert mir baS Sterben, ^d) täuschi'
mid) idwn feit 'einiger Seit nidrt mehr
über meinen Suftanb unb id) fühle,
baß id) mein $>anS bestellen muß. 5n
biefen Sagen, wo meine .<ccr3fd>roäcl)e
uid)t aÜ3u qitälenb auftrat unb id)
mid) infolgebeffen ein wenig roohlcr
fühlte, habe id) 3$erfc!nebciieS imSJach-
[aß meines WJanneS 31t orbnen per-
fitd't, habe^rioatbriefe ttr.b einige an-
bere 21u?3eid)ttungen Don feiner öaub
burd>gefehen. Da bin id) heute TJadv-
mittag —" i^rau S'ia richtete fid) auS
ihrer liegetiben Stellung empor unb
ihre Stimme flang jetjt fdynteralid) er-
regt — „auf einen 33riet gestoßen,
ben Sigeran fur3 Dor feinem Xobe
mir geschrieben unb welchen id) ba-
malS Dergeblid) erwartet hatte. DaS
Schreiben war fertig fuoertiert unb
trug meine treffe, eS muß burch ir-
genb ein ®erj?hen nicht ahaefdiieft
fürlich weiter Dercrben, nad) meinem
tobe fällt alleS an bie gamitie inei-;
neS DfanneS aurücf, aiber — oerid)en-
fen barf id), foPieX mir gut bütift.;
„SJiit wamfer ^anb" au geben ist mir
erlaubt. Unb Pon biefem 3led)t will
ich nun ©ebraud) machen, id) sann
nid)t ruhig sterben, ehe id) SWutter
uub Sohn, weldjen bie habgierige
Sippe ber SBetteai unb 93afen Sige-
ranS, bie ja nur auf meinenSob war-
ten, nicht baS geringste an Griftettj-
mittein gönnen würbe, fidjergefteüt
herbe. Sä) Bitte Siie nun, lieber
j-reunb, morgen ben ersten Sarepta
paffirenben Dampfer 3u einer Sahrt
nad) Qariain 3U benuhen. Die Sum-
me, lpelche id) bem Sohne meines
Schwagers, ber in unDeraeiblicber
Seife ber Seinen nicht gebad)t hat,
fchenfen will, liegt in einer äßoStauer
Öanf, wo Sigeran sie im Frühling
biefeS SahreS beponirt hat. l5<h
möd)te burchauS, baß bei einem 9?o-
tar in Sartain bie nötigen S-orma«
litäten au biefer Schenfung jobalb als
tnöglid) ertebigt werben. Da Sie
©eneralDoü.mad)t Don mir besitzen,
sönnen Sie mich in biefer Slngetegen-
heit ebenfalls Dertreten, bitte erweisen
Sie mir ben — oielleidjt lehren —
greunbfchü'ftSbien'ft, alles au orbnen,
auch bitte id) Sie, meinem StedjtSan-
walt in Slftrachan Mittheilung Don
biefer meiner Serfügung 311 machen.
Shd)t wahr, Sie thun alleS, unb awar
fd)on morgen, ntid) auält ber_ ©eban-
fe, baß eS sonst am Gnbe 3U spät fein
bürste.
^)?alf Perfiiierte feine bereitwillig-
feit.
grau Si'faS Gbelfinn rührte ihn
tief; biefe $rau blieb, trofc aller Gnt-
täufdyiingeit. welche ihr baS Sehen
bereitet," oieHeicht gerabe beShalb
ihrem ^bealiomuS treu bis 3U ihrem
legten Slthernjug.
Mals theilte bie persönliche Sluffaf-
jung grau Si'a-> in biefer «achc fei-
ncSivgS unbedingt, weil er sich
ci::eS gewissen SJJißtrauenS gegen
Susanne uid)t erwehren sonnte. Gr
glaubte, baß sie fid) nur in ber Slb-
ftdut, mehr ©elb 3u erlcagen, an bie
©attin Sigeran 3tanguloffS geroanbt
hatte, burd) ben alten 9Jed)tSanwalt
berfelben hatte er 3itfäüig< erfahren,
ba 1*5 Jigeran biefe grau, weldte Der-
geblidi perfud;t hatte, bie Grübet
einonber 31t entfremben, unb welche
fjd) nach SlroetS lobe als unum-
fdnättfte ,§errin beS „"Calaaao 9Jan-
giiKff" hatte ausspielen wollen, ge-
'islfjf hatte, grau Öiia jeboefa erblicfte
in Susanne eine Wärtnrerin i'hre«
»eiiijlechtS: in "" war e-- bei
/er Sochter eireS gabrifarbeiierS auS
»iktfu nur 23cred)nuug unb nid>t
l'f^be gewesen, welche sie au St tuet
Siungulorf gefettet hatte.
Sie hatt: ec- geschielt oerftanfccm
ihre ©ercicnSroheir 311 müSficreit,
unb Slroet, ber ein schwacher Gfn-
rarter gewesen, haete fiel) ihren Rau-
ben unb ber ffl.icl;t. weifte ihreSftön-
heit auf feine Sinne ausgeübt hatte,
nicht erwehren sönnen. Sfur iige-
ranS Ginfluß unb Süd;famfLit_ hat-
ten ihn baran perhinbert, Sufaiuie
sich1 antrauen 311 lassen. 3?a!f ahnte
bieS alles nur bunfei, trohbem hätte
er grau SifaS ^llufior.en inbetreff
ber ehemaligen ©eliehten ihres
SftwagerS oerminbert, allein er un-
terbtiiefte jeben Siberjprud), roelfter
bie ctrcinfe nur erregt hätte. Den
'»Ist ber ©erefttigfeit, weiften sie an
Dem Daterlojen Öeonib pollaiehen
roollte, billigte er poUfonimen.
STiad) einer fleinen. 5ßaufe — baS
Spreften ermiibete bie Kranfe —
sagte sie leise: ,,3d) habe, so rocit id)
auriufbenfen sann, immer gen,.iaonb
@elb gehabt; id) bra::ftte mir ja;t
nie etwaS 311 üerfagen schöne,
foftbare Soilet^en, Steifen — alle'S,
alte» war mir erreiftbar — unb
bod) "
Sie brad) plöhlift mitten im Sah
ab unb Sialf ergänzte bettfelben im
stillen: „uub bod) haft bu nie ein Doll-
fomnieneS Grbenglücf gesaunt. Deine
^stigenb würbe burch beiuen ersten
SJaitit Dergiftet, bu lerntest hassen
uiüb Peraftten, wo bu bereit roarft 3«
lieben. Unb bein aweiter ©atte hat
beine feilte, hod)heraige Slrt aud) nidjt
genügenb Perftanben unb gefd)äht.
(fr liebte in bir mehr bie Seltbame,
bie Dornehme grau, beren blonbe
Schönheit feine Sinne gefesselt hatte.
Sein SBerftanb, feine Seltgeroanbheit
imponierten bir, bie 9Jitterlid)feit,
mit,roelfter er bir hulbigte, bestach
bid), aber baS stille, tiefe unb echte
©liicf einer Ghe haft bu nicht seltnen
gelernt. Sielleidjt hätte id) bir baS-
felbe bieten sönnen, id), ben bicGnn-
nerung an bid) bisher gegen jebeS
anbere Seih gefeit hat. GS hat nicht
fein sollen — aber beine legten Gr-
bentage barf id) bir wenigstens er-
leichtern. Unb id) bin eS, bem bu b-cin
fitnb anDertrauen sannst."
311S hätte grau Sifa hesffeherifd)
in SJalfS Seele geb'icft, sagte sie plöh-
fift: „Sie sollten berathen, S9aron,
bann fänbe mein Kittb bei Shnen
eine $eimatf)."
„So ©ott will, bleibt ^rina bie
2J?utter nod) erhalten,"
„Sieiit, id) weifj genau, roie e§ um
mift steht, unb infolgebeffen muß ich
immer barauf gefaxt fein, beft" fom-
ntenben SWorgen möglidjerweife nicht
311 erlebest. 33ei Shnen in Sensor
wüßte id) %rina roohl aufehohen uub
niftt fonbcrlift' entwicfeln sollte
„SaS id) bezweifle," fiel SRalf rafd)
ein, „baS Kinb befiht, wie roir bod)
beibe wissen, ein Diel reicheres See-
lenleben, als wie grembe nad) ober-
flächlicher Beobachtung oermuthen."
„Sft hoffe 311 ©ott, baß er mein
©ebet erhören unb ^rina genciert las-
sen roirb, aber aud) bann, wenn ihre
geistige Begabung bennoft eine min-
benoerthige bleiben sollte,- wirb sie
bod) Piesleidjt in einem nod) höheren
©rabe ber ©efaljr ausgefeht fein, bie
Beute eines HfitgiftjägerS au werben.
aber fänbe im ©rabe feine9hihe,
wüßte id) mein Kinb in ben $änben
eines rohen ©atten, «ber sie nur um
ihres ©elbeS halber erwählt, ber fein
SSerftänbniß für sie hat unb fein
flftitleib mit ihrem unfchttlbigen Sel-
ben, ber sie betrügt uub auf jebe
Seije bemüthigt. Der ©ebanfe, baß
Mo etroaS gefdjehen fönnte, bereitet
mir eine furchtbare seelische Oitai.
Jrina barf überhaupt nidit heirathen,
td) bitte, öerfpreften Sie eS mir,
Sorge bafiir 311 tragen."
Die Kranfe bliefte Sialf flehenb an.
„Sie fönnte id) ^hnen solch ein
S&erfpreften geben, gnäbige 'grau.
Unb warum sehen Sie heute SrinaS
3ulunft in einem so fftraarjen Siftt?
Sie wissen bed), baß id) nad) besten
Kräften über bem Kittbe wadjen
werbe."
„GS ist wahr, iolft ein binbenbeS
Berfprechen sönnen Sie mir niftt ge-
ben, aber bflß Sie ^rinaS Sormunb
roerben, baS wissen Sie ja, ba§ ha-
ben Sie mir sugefagt unb als foldjer
haben Sie baS Steftt ba3u, jeben Be-
werber uns ^rinas 0a nb 31t prüfen.
Sie ruhig fönnte ich sterben, wenn id)
mein Kinb bereinft in Schloß Sensor
wohl aufgehoben wüßte, unb ich
fomme auf meine grage aurücf: Sa-
rum heirathen Sie niftt?"
„Sie oergefien meine rrt^fen Sun-
gen."
„Slh. ich bitte Sie, nur feinelleber-
treibung, um öbre Sungen steht eS
gar niftt io fftlimm. ^sie haben ntir
gegenüber ja bie fefte 3uoerfid)t, ge-
heilt 3U roerben, wieberholt auSge-
fprod)en."
„3Ulcrbiti<jS. So loollen mir sagen,
ivafe id) bisher noch niftt bie Seit
9*1311 gcfiinben habe, mich nach einer
grau für mich umaufeQen."
„Sie übersehen oielleicht baS
JiäftfWiegenbe," perfefete Stau Sifa
mit Betonug.
„Siefo, gnäbige grau?"
„fabelt Sie benn niemals baran
gebacht, ^hre Goufine Slfta au ohrer
grau iu maftöit
„9ieitt, gnäbige grau," erwiberte
3ta"lf auf ba* peinlichste berührt.
„Ssber Sie feilten eS thun." 0
gitm jroeiten SJiale rourbe eS Slalf
nahe gelegt, um Slfta 3U werben, unb
auch jetst spielte ber Ggoismu* einet
Siiitter eine Molle hierbei.
„Sie täuid';n sich in ber 3>orauS-
fehung, baß Slfta unierem armen Sieb-
ling eine gute SJJutter fein würbe,
sie ist feilte tiefinnet'lid>e 9?atur unb',
befiht feilt 3arteS Sßerftäubnifj für
bie Gigenärt etneS fraufen KinbeS.
Sie ist pflichtgetreu, aber niftt hel-
fen fähig, foniel Siehe 31t fpenben,
bamit ^rina ben Sonuenfdjein hat,
beffeu sie bebarf. Slufaerbeni roüri? ich
mir pon meiner Goitfine einen Slorb
holen, benn ich glaube ntid) in ber
Sinnahme, baß fid) awifften ihr unb
©arrt) eine Neigung ange;ponuen
hat, niftt au irren."
„Daß ber gute $arrp in, Slfta Der-
liebt ist, steht auch hei mir fest," er-
wiberte grau Sifa, „boft bürste er
eS wohl fein, ber mit einem Don Slfta
empfangenen Korbe heimaieht. DaS
Slttge einer grau ficht in ^crjenSja-
djen gewöhnlich sehr fftaff, baher
sönnen Sie mir glauben, Baron, baß
Sie Slfta nidjt gleidjgiiltig finb —
mehr nod) — Slfta liebt Sie. Senn
man, wie id), eigentlid) ffton in einer
anberen Seit fid) fiil)lt, ba barf man
offen aud) über fold)' aarte «Dinge,
bie mau sonst Wo'hl öerffttoeigen
würbe, reben, außerbem habe id)
heute baS ©efühl, als müsse id) mid)
mit aliebem, waS id) nod) 31t thun
unb 311 sagen habe, sehr, sehr beeilen.
Sie bliesen ntid) jweifelnb an — unb
bod) ist bem so, wie ich eS Sylmen an-
Dertraue: Slfta liebt Sie unb niftt
,§arrt), ber Vergeblich ihr feinen An-
trag maften wirb. Gin paar Bliese
SlftaS, bie 5'huen folgten unb in wei-
ften eine Seit oon träumeriffter
Sehnsucht lag, Pon DieHeiftt nod) un-
beroufater Sehnfuftt, haben mir lefct-
hin Derrattjen, wie eS um SlftaS 0er3
bestellt ist."
Stalf fühlte fift immer unangeneh-
mer berührt.
„Dann sann meine Goufine mir
reib thun," sagte er faft fd)roff.
"Beriethen Sie mir, Baron, eS
war taftloS Don mir, aud) nur ben
Berfud) au maften, Sie in einer so
ernsten Slngelegeuheit beeinflussen
31t wollen. Sft' backte mir aber, baß
eS 'bed) niftt unmöglift fein fönnte,
baf? auft Sie Slfta liebgewinnen, ein
so reijenbeS ©efftöpf.... — aber Per-
Seihen Sie mir — id)...."
„Bon Saftlofigfeit sann überhaupt
niftt bie Siebe fein*," fiel 9taif jftueü
ber Kranfen inS Sott, als biefe
ftoefte, ,,ift benfe unsere greunbfftaft
berechtigt Sie jebeyeit 3U einer of-
fenen Sprafte mir gegenüber, aber
ifti werbe unb sann Slfta nid)t heira-
then, benn id) liebe sie niftt, uub ihr
Gfjarafter wirb ntir nie eine Nei-
gung für sie einflößen, ebensowenig
nimmt ihre Schönheit ntid) gefangen.
Dcd) Sie sollen um ^riitaS 3"funft
unbesorgt fein. Senn ich betn Kitibe
auft feine ^eimath in Sensor 311 bie-
ten Dermag — sollte eS ©otteS Sille
fein, — bafe §rina bie treue müt-
terliche BUege entaogen wirb, so
wüßte ift jemanben, ber ein $era
hat für alles, ba» hilflos unb oer-
lassen ift, jemanben, ber ebenso gut
ist, wie flug unö ben langjährige
(Erfahrung gelehrt hat, Diel ©ebitlb
311 haben mit seiften, weldje auf lei-
tete angewiesen finb."
„Unb wer ist e? i" fragte bieKran-
fe gespannt.
„iante Ulrife Santbig!" erroiberte
SRalf.
„^a, ja," murmelte bie Krause in
mübem Ion, „laute Ulrife ift gilt.
§d) banse §hnen — Sialf — Sie
roerben mein -sTinb au Dante Ulrife
ienben, wenn ich niftt mehr bin."
,,5d) »erfprefte eS," sagte Sialf be-
wegt.
„Slber nun bitte um Öhren Slrm,
ift fühle mift fraftloS unb möchte
fdjtafen, Slnnette wartet wohl bereits
auf mift, unt mid) 3ur Siuhe 3" brin-
gen. Der Duft ber SKatthwla, ber
auS beut Borgarten heraufsteigt, hat
mir Kopfweh oerurfaftt.
„Jft fürftte, baS pide Spreften
über ernste Dinge hat Sie angegrif-
fen."
„Slber ift sagte, eS Shnen ja be-
reits, lieber greunb, ift muß mift be-
eilen, mein .§auS 311 bestellen. Da
fonrmt ltnS Slnnette entgegen, sie
fiird)tet immer, ber Aufenthalt beS
Slbenbs auf ber Beranba fönnte mir
fftaben. Der Doftor hat ihn mir je-
bod) gestattet, id) mödjte bie legten
ülbenbe, bie mir auf Grben Dergönnt
finb, im greien perbrirgen, in ber
Sommerluft. StlS ob mir überhaupt
noft etroaS fftaben fönnte! ©ute
SJad)t, lieber greunb. id) banfe^.biten
für SUleS — unb morgen früh fah-
ren Sie nad) 3artaiu, aud) bafiir mei-
nen Danf."
Die Kranfe nieste 9?als i:od) einmal
freunblid) au unb fftritt baun lang-
sam, auf bett Slrm ihrer Safe gestützt,
in ihr Sftlafgemad).
9ialf feljrte auf bieBeranba juritcf,
brannte fid) eine 3'garette an unb
perjatif in Griniterungen an bie alten
Souifenauer Seiten. Seine Siebe 311
biefer grau hatte ihn Dor anberen
Seibenfftaften bewahrt, bie Grinne-
rung an feine bamaligen ©efiihle
waren ihm noft immer heilig- Unb
in biefer stiften Stunbe gelobte er
fift, alleS 3« thun, um bemKinbe ber
Sterbenbeii, baS er tägüft lieber ge-
wann. ein froheS, fonnigeS Seheiri-
loS bereiten au helfen.
üe hoffte feft, einst ben lag an er*
lebe.t, an beut $;ritiaS Slugeu bett
stummer, fragenben SluSbrucf unbe-
roußteu uufdjulbigenSeibenS oerlorett
haben würben, um int geiunben hei-
len ©iaua bcS grohlinus uub®lücEe§
öu erstrahlen.
i\
15. Kapitel.
Sld), id) hin beS DreibeuS mii'be,
SaS soll all' berSftmera uuib-Snft...
ScaebbentSlf:a .^arri) auf ber ntonb-
befftienenan Straße Dor ber Kirche
hatte stehen lassen, war sie auf bem
fi'traeften Sege uaft .§aufe gceiltjjB,
Sie sah nur immerfort oor ihreit^f
Geistigen Singe grau Sifa, PontSJiüub»
liftt übergössen, auf ber SSeraifba auf
ber Ghaifelongue ruhenb, unb ihr Se-
gen über St als itt feinem Sessel attS
Strohgefleftt fitjertb, unb sie wollte
umb mußte biefeS Snfamnteitjein
ltoren.
Sie"' bnrd)eilte, Pon ber ©artenfeite
auS baS 0attS betretertb, ein paar
yintmer, utfb ftanb gleid) barauf hin-
ter ber sortiere, weifte <bie ©laStl)itr,
bie auf bie Beranba führte, Derhiillte.
?sm Begriff, I)inauS3utreten 311 ben
Beiben, bereu Stimmen beutlift an
ihr Ot)r brangen, per nahm sie plöh-
lid) Pon SftalfS Sippen ihren Sfamen.
Da permoftte sie fift niftt pou ihrem .
Blatj 31t rühren, mit fieberhafter
Spannung lauschte sie ben,Sorten,
weldje nun stoischen Sifa unb Statpl)
fielen, ,,'^ft werbe unb sann Slfta
nidjt heirathen", sagte iTicrlpl), unb
nod) manfteS Slnbere, baS für feine
ffttfine eine Demüthigung war. Wi:
wufttige, unbarmhersig ocrniftteitbe
^ammerfdyiäge trafen all' bi?f?
Sorte SlftaS.sucfen'beS ^ers. Sie ge-
hest entfloh sie auS bem gintmer
uub lief iu ben ©arten, auf bessere
Sege ber äftonlbfftein feine 3itternbeit
Sidjter streute. $ier im Sch/atteu ber
Bäume -gab eS feine blenbenbe §elle.
Slfta hatte heute feinen Sinn für
bie jftiwermüfhige Sdjöuheit eines
ÜRonbffteinabenibS im Siiiben, ihre
Seele befanö fid) in einem unbe*
fd)reiblid)en Slnfruhr, benn burd) öaS
soeben Pon ihr erlaufftte ©efpräft
fühlte sie fid) entfe^lid) gabemiithigt.
Damit ^ritta nad) beut lobe ihrer .
SShitter ein §eini erhielte, sollte sie
SRalfS ©attin werben. Die Kranfe
reftnete barauf, baß sie auS Siebe für
STlcrlf, auft feine Sceigatug für baS
Kinb theilen würbe. Unb wenn Stalf
auf beu Borfftlag ber Kranfen einge-
gangen wäre, so hätte er eS nur unt
^rinaS willen gethan. Dieses Kinb,
biefeS „fd)ulblofe Seiibcu", ftanb also
in jebeni galle jroifften ihr uub ihm.
Bieüeidjt hätte er ihr feine $anb an-
getragen, wenn er bapon überzeugt ,
gewesen wäre, iu ihr eine rid)tigeg^-
SJJutter für ^rina 3U finben. Biel- "
leicht hätte er sie bann anft lieben ge- ,
lernt im Saufe ihrer Ghe! Dod),
gleid)Dtel, ob er sie oerfftmäht o>ber
geroählt, bie Demüthignng blieb für
sie bie steifte, ^a, eS roar ein ®lücf
für sie, baß sie soeben bie unwürdige
Siotle einer Sauffterin gespielt hatte,
benn jetjt wufete sie genau, wie StalfS
Urtheil über sie lautete. SllS ob sie
eine Sad)e wäre, umb fein ÜJJenfchen-
fiub mit ausgeprägtem Sillen unb
einem heiß uub letbenfftaftlift fi'th-
lenben $er3en, hatten bie Beiben auf
ber Beranba über sie perhairbelt. Slfta
roar grau Sifa nie nahegetreten, je-
boft sie hatte Sttitletb unb Sympathie
mit ber Seiibenben empfuniben< heute,
in biefen für sie so qualDollen SJio-
nteuten, glaubte sie bie ofrau, weifte
«Ralf ihre, SlftaS, Siebe 311 ihm ent-
hüllt hatte, beinahe ju hassen. SU10
ein sicher behütetes ©eheimniß »erra-
then! Dieser ©ebanfe regte sie
furchtbar auf — 3utn sweiten ÜTiale
hatte man eS Stalf nahegelegt, sich
um sie 31t bewerben, ifnb 3unt aweiten
SJfale hatte er sie mit einer empören-
ben ©leiftigültigfeit oerfdjutäht.
hasse id) i'hn roirflid)", baftte Slfta.
Die Kehle ift ihr wie jugefftiuirt, sie
erftieft faft Dor thränenlofem, uuter-
brücften Sftluftsen.
®alb sinnlos oor Stutregung, läuft
sie auf beut breiten .Mittelweg beS
©artenS, ben haftragenbe italienische
"Rappeln, beren Stämme bis 3U einem
Drittel Don üppigem Stjrittgenge-
fträud) umbufd)t finib, einsäumen, auf
unb nirfber. Dieses ftürmiffte Sluj-
unib Sl'bgehen gewährt ihr eine gewiße
Grleiftternng. 3hre SJerDen finb btS
auf baS Sleußerfte gespannt, ^i'tnter
roiöber glaubt sie StalfS Sorte au oer-
nehmen: „Sft roeobe unb fnnn Slita
niftt heirathen". Senn er jetjt um
ihre ©egettliebe bettelnD^w ihren <vu-
f;en liegen mürbe, weid)' eine Sonne
roäre eS für sie, ihm oerädjtlid) ben
Siiiden 3U fehreit!
Slfta rang bie .föänbe in heifeer
Sdjam uivb obnnuifttigem 8orn- ^
Stalf baftte überhaupt niftt an sie, f.»'
würbe eS nie thun, tinb immer wuröe
sie bie uon ihm Berfftmähte bleiben.
Seift' eine ©eniigthuung roäre eS
für sie, fift einmal an ihm räfteu 3"
biirfen! Bor allen Dingen bürste er
nidjt in bem ©lauben bleiben, baß iie
ihn liebe. Sie mußte, baß et nifttS
Weniger als eing'ebitbet war. allein eS
Wäre bod) fein Sunber, wenn er
grau SifaS überaeugereben Sorten
©tauben fdhenfte. gaffungSloS lehnt
Slfta ftft gegen baS Bujftfwerf, ba
fühlt sie plöfclift, wie ihre $äube.
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Hering, Ed. Seguiner Zeitung. (Seguin, Tex.), Vol. 21, No. 17, Ed. 1 Thursday, December 14, 1911, newspaper, December 14, 1911; Seguin, Texas. (https://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth488185/m1/6/?q=%22%22~1: accessed July 17, 2024), University of North Texas Libraries, The Portal to Texas History, https://texashistory.unt.edu.; crediting Abilene Library Consortium.