La Grange Deutsche Zeitung (La Grange, Tex.), Vol. 31, No. 39, Ed. 1 Thursday, May 12, 1921 Page: 2 of 8
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Nummer 2
LaGrange Deutsche Zeitung
Bjjofjnmcijerö
lödfter.
stomau üou
Fritz Gantzer.
(13. gortjehung.)
Sie bürste ihm in aller ©ulje ent-
gegensehen. Vlußcr einem abermals
iu fiitibljaftem greife erftanbenen
Huhn waren aud) Kartoffeln ba,
unb non amerifanifdjem ©ieiaettmehl
balle sie in amerifanifdjem Sdjmala
in tjeiliaer Sonntagsjrülje mit beut-
jeher ©Farmelabe gefüllte ©fannfu-
d,en flebacfen. TaS war ttaljeau
fürftlictj unb erinnerte lebhaft an
i>ie gesegneten Seiten nor bem Krie-
ft»e.
Unliebsame Stoifc^enfäUc würben
sich nidjt autragen; benn bet, bet
sie herbeiführen sonnte, war fern
Don ©Fabrib. Unb wenn nun Söil*
b, Im ©lafenapp nicht abermals baS
ä-tdj hatte, unter bem ©erbadjte, ein
Sdjleidjhänbler an fein, festgehalten
au werben, bann würbe bet heuti-
ge Sonntag ein recht DergnügteS ©e-
fidjt aeigen. -
So badjte wenigsten« grau
Spohnmeijer. grieberife war we-
niger baoon überaeugt.
Sie hatte eine schlechte ©adjt ge-
habt unb fühlte fid) erbärmlich elenb.
tU IS sie in ben Spiegel blicfte, er-
fdjraf sie über ihr graues ©efidjt
unb bie bunfelumränberten Vlugen.
Öhr £rofc staub nidjt meljt auf
festen güßen, unb ihre Ueberaeu-
gung, im 'Jfedjte an fein, War brü-
djig geworben. ©is au spater Vlbenb-
stunbe hatte sie gestern auf ba*
kommen Kart SpennemannS um-
sonst gewartet.
teine qualuolle ©eue war langsam
hinaugefdjlidjen, bie sie nieberbrüd-
te unb elenb machte. Vlm besten
Würbe fein, wenn ber ©erlobte Gu-
tiiicns aud) heute nidjt fant. Sie
fühlte etwas Wie Sdjam, ihm gegen-
übertreten au müssen. Unb in ihren
heimlichsten, gana leise auf bem
©runöe ihrer Seele sich regenben
töebaitfen stieg bie Seljnfudjt auf,
bafj Karl aur ©Finute fommen möch-
te, um mit ihr nach fiiebenwalbe au
fahren.
SllS ber Tag feiner ©title nidjt
mehr fern war, hatte ihre feelifdje
Unrast, gleichsam Wie ber Tag selbst,
ben ^öhepunft erreidjt. Sie
glaubte, nidjt bie gäljigfeit au be-
sehen, SÖilljeltn ©lafenapp mit harm-
loser Unbefangenheit begegnen au
sönnen, fonbern stellte sich bor, bafj
er aus ihrem äöefen, iljren Vlugen
erraten müsse, wie eS um sie ftanb.
Ter ©cbanfe, einer Segegnung mit
ihm überhaupt auSauweidjen, fatn
auuädjft gana augljaft herauge-
fdjlidjen, nahm aber balb bie gorm
eines entfdjiebenen ©orfatjeS an unb
fanb ©cfaüen an ber ©erbrüberuug
mit einem anbeten; Karl aufaufu-
ctjen unb ihn um ©eraeitjung au bit-
ten. Unb sie war überaeugt, nur
auf biefe VBcife bie itjter Seele Der-
Icren gegangene ©ltbe wiebergeben
«u sönnen.
Sie fanb einen ©orwanb, ber ihr
bas unauffällige Äöegfommen er-
möglidjte unb war fdjon wenige SUJi-
nuten später auf bem ©lege nach
ber granffurterftraße, in bet Karl
Wohnte.
Ter grühlingStag ladjte sie an.
Unb bie ©Fenfdjen, mit benen sie au-
lammen im Straßenbahnwagen faß,
hatten alle frößlidjc ©efidjter. . Sie
glaubte, bie einaige au fein, bie ein
fdjweres, bebrüclteS Hera mit jid)
herumtrug, unb ctnpfanb beim Vln-
blies aller Weiterleit ringsum etwas
Wie einen nagenben Sdjmera, ein
bitteres ©efüßl.
Öhre stille Hoffnung, baß audj
sie balb wieber au ben gröljlidjen gt-
hören würbe, mußte fidj eine her-
be tenttäufdjung gefallen laifen.
Tonn als sie bie oict treppen unter
einem starten Werapodjeti aaubernb
unb mit fdjWAen Süßen bhtange-
stiegen war unb mit aütember Wonb
bie Türglode aur Vlumclbung ihres
©efudjeS in ©eweguug gefeßt hatte,
erjuljr sie Don ber ihr öffnenben
SBirtin ihres ©erlobten, baß Karl
fdjon geftrn nachmittag fortgegangen
unb fcitbcin nidjt aurücsgefeßrt fei
©0113 gebueft, fdjeu unb mit
tchlcppenbcn Schritten oerließ sie
baS WouS, blieb tiodj eine Süciie,
wie in ©atlofigfeit Dcrfunfen, Dor
itjm stehen, als habe sie bie Absicht
au Warfen, ob er Dieffeicht Farne,
unb trat bann, plößltdj in t&aft ba
Donftürmeitb, ben Heimweg an.
tein heiß tjodjqueüenber Troh be
mädjtigte sich Don neuem ihrer See
le. Tie terfolglofigfeit ihres Unter
ncfjmens ließ sie ben törichten ©e
bansen finben, baß sie als ©Färttj
rerin leiben müsse, baß sie ein Der
saunier ©Feilsch fei, ber in feinen
besten Sollen nicht oerftanben wur
be. Sie flodjt Tornentjeden um
ihr geliebtes Öd) unb empfanb eine
wollüstige greube, fid) Don ibtter
Derwunben au lassen. Serworrenet
unb fonfufer Wie wäljrenb biefei
WeiwFc’ht War baS Öunenleben grie-
berife SpoljnnteijerS Wohl noch nie
gewesen.
Sie. war böHig überaeugt, ihrer
©flidjt mehr als genügenb nadjgc-
fommen 311 fein, unb baß niemanb
Don ihr au Derlangen berechtigt war,
noch ein übriges au tun. Senn es
nun a» einer fiöfung beä Serlöbnif-
feS fommen sollte, bann würbe sie
als fdjulblofer tengel Don ber ©iifj-
ne abtreten unb beS aufridjtigften
©FitgefüfjlS bei Sufdjauer gewiß fein
sönnen.
Öa, sie war ein bemitleibenSwer-
tcS ©cfdjöpf! — @atta Don biefer
weßlcibigen Stimmung erfüllt, ei-
ner Dom rauhen Sturm gefnieften
Silie gleidjenb, tränenschwer geseg-
net, trat sie eine Stunbe später iß
rer ©Futter unb betn inawifcfjcn wirf-
lidj eingetroffenen ©lafenapp gegen-
über.
grau Vlugufte, in gliicflidjfte Grrc-
gung getaudjt, baS ©efidjt hell ge-
rötet, Dergaß jebcS SBort eines
©orwitrfS. Sie aitterte, sie bebte
Dor ©liid, Wäßrenb sie gerabe ba-
mit befdjäftigt War, Dcrfchfebene
©funbe ©utter, eine hanblidje
Spedfeite unb SBiirite biberfer VIrt
unb ©röße, WaS alles über ben gon-
3en Tisch im SBofjnatmmer weg aus-
gebreitet lag, au sammeln uiib in
bie Küdje au entführen. GS fei
aber auSbrücflich bemerft, baß baS
©lüdSempfinbcn nidjt eine burdj bie
aufgcaäljlten Dulgären Tittge, 3»
benen sie im ©erßältniS als ©efit-
aenbe ftanb, eraeugte golgeerfdjei
nung war, fonbern einaig unb allein
ihren öninb in oer Vlnwcfenheit
beS gliicflidj eigetroffenen Sdjwie-
gerfoimeS hatte.
„9?a, ba bist bu ja, Sriebcrife"
sagte sie, wäljrenb sie gerabe mit
einer förmlich liebfofenben ©cwc:
gung eine biefe Üftettwurft erg’rifi
unb fürsorglich, als hanbele cS fiel)
um ein Meines Kinb, in ben Vlrrn
legte, wo fdjon bie Spedfeite unb
3Wei anbere Sßiirfte geborgen lagen.
„Sieh nur, WaS Werr ©lafenapp
uns alles mitgebradjt hat! öft
nidjt gerabcau riihrenb?" Sie nahm
bie ©utter an fid), wobei bie Wanb
in aitternber ©eWegitng war, unb
begann nun erst, naeßbem bie ©or-
ftellung beS ©litgebradjten beenbel
War, auf bie ©erfon beS ©titbringerS
bireft aufmerffam au madjen.
„®u Fennft ja Wohl Werm ©la-
fenapp bereits, Don bamalS her, als
bu mit teäcilic bei Oufel ©aul
Warft?“ 8frau ©ugufte hatte fämt-
lidjc Koftbarfeiten an ihre ©ruft ge-
bettet unb sah auS wie eine ©öttin
beS SetteS. ößr ©lief ging awi-
sehen ber SCodjter unb bem Sdjwie-
gerfoßn hin unb her unb war in
ein aufmuntcrnbeS fiächeln gehüllt,
bie ©cfanntmadjung unter bem ©c-
fidjtSpunfte ber DorauSfidjtlichen
©erfdjwägerung au erneuern unb au
erweitern.
„Öd) erinnere mich sehr gut“, sag-
te äöilfjelm ©lafenapp, fam um ben
SEifdj herum unb reichte grieberifc
bie $anb hin, bie 4*e aaghaft er-
flttff.
Starr Vlugufte tat erfreut, baß bie
Änfnüpfung erfolgt war unb ber ge-
eignete ifeitpunft gefpumten, jidj oor-
lausig entfernen au bürfen, um ißre
Sdjciße iu Sicherheit au bringen unb
bao waljrfdjeinlidj in taufenb Vletig
steil fdjwißenbe unb bem Vlnbren-
neu nahe ©ratijulju au fcegießen.
Uttit ber ©itte au tWilljelm ce)la|eii-
app, sie ein ©Jeildjen au cntfdjuloi
gen, oerließ sie bad Zimmer.
Sneberite war mit einem Vlu
[luge uou ©erlegenIjeit au bad Si‘U
jtcc getreten uub hatte |iaj leiap
oagegeu gelehnt, ted fiel iljv ab
jolut iiidjtd ein, wad sie hatte sagen
tonnen. VlUt&, was sie in ©eoati
feit au biefe» Zusammentreffen be
rnegt hatte, fdjien m ein Vimjtd oer-
flogen. Unfugbar nüdjteiu unb
alliaglid) fanb |ie baS Zufammen[ctn
mit ihm, nid,t ein bigctjen uufrei
aeub uub roniuntifaj- x'aran mugti
oic Sritfollettion fdjulb tragen. Sie
hatte alle Öüujtoticn, alle ©oefie in
roher ©cmalttatigfcit ermorbet. Uub
es lohnte sich nidjt einmal, barübei
traurig 4U fejn.
©Mlljesm ©lafenapp hatte Dor bem
Ü9ieber|ehen mit Örieberite eigent-
lich so etwad wie Vlngjt geejubt
Vlber au feiner glüdlidjeu Grieidjte-
rung sonnte er nun feststellen, baß
sie feinen teinbrud auf tljn machte,
ter hatte jte gatta anberS in ber ter-
inneruug gehabt, Diel frijdjer, leb-
hafter, auaj wotjl hübfdjer. Um
wiUfürlich üerglidj er |ie mit Gu-
cilie, um aufrieben feststellen au fön
nen, in tljr bas bejfere £eil er-
wählt au haoen. Xüe l^eracnscpijo
be Srieberife Spohnmetjers war oh-
ne hin fdjon nur noch ein $aufd)ei>
Vlfdje gewesen, Don bem man al
lerbings nidjt au sagen gewußt Ijat-
te, ob es nidjt nodj ein paar leise
glimmeitbe Sunfen unter sich bergen
möchte. Vlber nun war eS flar
tote Vlfdje bis auf ben ©rutib.
2)aS war ja nun natürlidj fein
Vlnlaß, bus beflemmeubc Schweigen
in ©ermunena au erflären. Unb
so räufperte (ich benn Vüilljelm ©la-
fenapp fdjließlidj in ©orbereitung
unb eraätjlte frisch barauf loS: Don
feiner ©eise, Don ber heutiger, unb
oon ber Dor udjt Sagen au einem
ooraeitigen ßnbe gefommenen, weil
man ihn infolge mugefiiljrter über-
normaler ßeber.Smittelmengen füt
ben bewußten Sdjleidjhänbler gehal-
ten unb aum ©erfäumen beS Vlti-
fdjluß3ugeS Derhotfcn hätte. Unb
Don 2)ingSlafe eraäljlte er unb Don
©lobfindjen. öu iebein Säße Wür-
be Gäcilie aweimal erwähnt. Uub
immer mit einer Zärtlidjfeit, mit
einem Klänge in ber Stimme, ber
wie hießen beS freuen war.
Srteberife War längst baoon über-
aeugt: Gäcilie war ber magnetische
©ol in ©Mlljelni ©lafenappd Sieben,
ted lag nidjt bie geringste iWöglidj-
feit Dor, ihn biefed in frischer üüirf*
famfeit tätigen ©fittelpunftcS au
Üercfuben. Un>#ie glaubte audj
längst nicht mehr, baß ed oieüeidjt
einmal anberS gewejeit fein ntödjtc.
Sie hatte töridjte ©erniiitungett ge-
hegt. SCaS ©lud ber beiben war
gut Deranfert, auf einem festen
©ruitbe erridjtet. Unb baS ihre?
Slag eS nidjt fdjon aertrümmert.
War eS nidjt fdjon in Scherben ge-
gangen? —
9fadj bem ©littageffen, bei wel-
chem ©Jilhelm ©lafenapp bewies,
baß er ben Kodjfünften feiner au-
fiinftigen SdjWiegermutter biejelbc
Vluerfenuung öoUfe, wie benen VJla-
rie SthänS’, fano fid) cnblidj bie
stille Stunbe, in ber ber $aupt3wed
ber ©eise VBilljelm ©lafenappd eine
befriebigenbe terlebigung fanb.
Vlls fidj grieberife, Don ber Ue-
beraeugung erfüllt, eine reine Vtc-
benfigur au bebeuten, aur ©ornalj-
me DOti Säuberungdarbeitcn in bie
Küdje aurüdgeaogen hatte, trug ber
aufünftige ©ädjter bon ©lobfindjen
feinen Spnidj Dor. SDa grau Vlu-
gufte nidjt in ben ©epflogenljeiten
iljres ©FanneS, bcfferwifjenb uub
itörgelnb 311 unterbredjen unb bie
eigene ©feinung allein unb immer
Strumpf fein au lassen, Uebung be-
faß, fonbern, bie $eiligfeit biefei
©Finuten erfemienb, in anbädjtigetti
Sdjweigen uub mit einer VIrt stillet
©eraüduttg lauschte, hatte SBiiljcltn
©lafenapp ©Fuße, erfdjöpfenb au be-
ridjten unb Don feiner Siiebe au Gä-
cilie in Derselben VluSfüßrlidjfeit 311
eraäljlen, Wie er eS banadj Don fei-
nen Hoffnungen für ©lobfindjen tat,
um enblidj formell um baS Öawort
au bitten.
grau Vlugufte Spofjnmetjer fühl-
te sich bebrüdt unb gehoben au-
gleidj. SFer ©ebanfe an ihren ©al-
ten, ber als ber gefeßlidj auftänbige
gaftor für berglcichen fdjwerwiegen-
be tentfdjeibungen redjtmäßig in
grage fam, bewirfte, baß sie fidj
ber großen ©erantwortung, bie fidj
laftenb auf ihre Seele legte, Doll be-
wußt würbe. ©iaS für einen Zwed
hatte eS, baS öawort au geben,
wenn er nadjher baS ©cgenteil tat?
Sie War baoon überaeugt, baß es
ihr gelingen würbe, iljn au einet
auftimmenben terflävung au bewe-
gen. Vlber eS war Doch feine ©e
wißljeit. $enn wer saunte gerbt-
itanb Spohnmeijer auS! Gr war wi,
ein ©udj mit sieben Siegeln, in fei
nen Stimmungen , launischer alc-
Vlprilwettcr uub unbefiätibiget all-
ein ungetreuer ßiebhaber.
Vlber ba es unmöglich War, bet
©ewerber mit einer unbestimmten
Vlntwort wieber fortaufdjiden, fdjon
ber mitgebradjtcn Herri'djfeitcn me
gen nidjt, bie für ein bünbigeS, fla
reS Öa ©ropagatiba machten unb gc
rabcau banadj fdjrien, glaubte fid
grau Vlugufte beredjtigt, bie ©er
antwortung auf fidj nehmen au bür-
fen unb ©lilhelm ©lafenapp 31t fa
gen, baß er als Schwiegersohn tjera
lidj willfommen fei unb biefer Kar
binalentfdicibung einige bei bet glci
5:cn Vtnlä”en ühlt&» mehr obet
mmber felBftberfianblidje Wesensar-
ten hinauaufügen.
SBilhelm ©lafenapp hatte sich er-
hoben unb feiner ihm bereits äu-
ßerst jgmpatbifd) geworbenen
SdjWiegermutter mit ein paar
Sdjritten genähert. ter fdjien ge-
rührt, benn er fuhr sich mit einer
oerrätcrifdjen Hanbbewegung über
bie gleichfalls Derräterifdj feudjl
fdjtmnieniben Vlugen unb sagte:
„Siebe, gute grau Spohnmeijer, idj
banse Ößnen herälich für Öhr ©er-
trauen uub werbe mir alle ©Fülje
geben, mich ÖhreS ©ertrauenS wür*
big au erweisen unb Gäcilie, meine
geliebte ©raut, glüdlidj au machen."
GS wirb niemanb wunbemehmen,
baß grau Vlugufte nach bieten mit
warmer Hcralidjfeit gefprodjenen
©Jorten nuti audj bie Vlugen feudjl
würben unb baß sie ihrer ©ührung
unt ihrer gr.-ube feinen Dollwertige-
reu VluSbrud au Derleißen wußte,
nlS baß sie Vßiltjclm ^lafenapp um-
armte unb süßte. „Sicher Sßil-
,;elm!" sagte sie mit erstidter Stim-
me. —
jJFuri, (j-er würbe selbst ein gerbi-
’ianb Spoljnn eher nidjts mehr tna-
djtrn sönnen 1 TieS ©iiiibnis war un-
lösbar ueran\rt unb Derfiegelt. —
Vlls im PiTüfe ber späteren Un-
lerljaltung besannt würbe, baß Vßil-
leitn ©lafenapp erst am tiädjfieii
©Forgcn bie ©üdreife anzutreten
braudje, Wut eS felbstDerftänblid),
baß grau Vlugufte iljni ©adjtquar-
tier anbot, unb ebenso felbftuerftäub-
lidj, baß er erfreut barauf einging
grau Vlugufte quartierte au griebe-
rife um unb ridjtete baS ©ett gcr
binanb SpohnmeljerS füt ©ilhclnj
©lafenapp her. —
Ön ber Vlbenbftunbe unternalj
men grieberife unb SBilhelm auf ben
SBunfdj beS leßterett einen steinen
Summcl burch bie Stodholmer
Straße. SDaß sie babei Don Karl
Spentiemann beobachtet würben,
barf nidjt als ein plrmper Zufall
bctradjtet Werben. S)a Karl nor ei-
ner ©iertelftnnbe Don feiner einsa-
men gafjrt nadj Öiebenwalbe auf
bem Stettiner ©aljnljof attgefom-
nicn War unb üou ©erföljuuitgSqe-
fühlen getrieben, feinen SBeg so-
fort nach ber Stodholmer Straße ge-
achtet hatte, sann eS nidjt DerWuu-
ocrlidj erfdjeinen, baß baS genanttn
GreigniS eintrat. Cb er tütn nidjt-
barari badjte,, baß grieberife iljni
Don bem 311 erwartenben ©efudje bed
©erlobten GäcilienS eraätjlt hatte
uttb er fidj bann sagen mußte, baß
ber ©egleiter feiner ©raut biefer
©erlobte gewiß feilt würbe, ober
ob er ben ©Fitteilungen grieberife»
feinen ©lauben gefdjenft hatte, fon-
bern sie einer Untreue für fähig
hielt, baS fei bafjingeftcUt. Gr
meinte, ber Sadje auf ben ©runb
gehen au müssen unb begab fidj
ftradS in bie Spohnmetjerfdje SBoß-
ning.
grau Vlugufte, bie ber fdjrifle
Klingelruf Don bem ©eaieljen ber
©stten gerbitianb SpoljnntetjerS
Wegholte, war ehrlidj überrafdjt,
beti so lange ausgebliebenen ©er-
lobten grieöerifeS Dor ber £ür ste-
hen a» fchtn.
gragen unb VtntWortcn bradjtett
schon nach wenigen ©Filmten Vluf*
flärung. . Unb als grieberife unb
Uiltjelm Don bem 0pa3iergangc
Ijeimfehrten, beburfte eS bei ber auj
beiben Seiten Dorljanbenen Sehn-
fudjt nadj ©erföljnung nidjt Dieter
SBorte, umfowettiger, ba Karl er-
fuhr, baß grieberife fdjon am ©Fit-
tag, Don berfelbeu Seljnfudjt getrie-
ben, leiber umsonst au ihm hinaus*
(.efafjren war.
£ie SBieberhcrftelluttg beS grie-
bensauftanbei» würbe Dielfadj besie-
gelt, wobei man fidj ber Jcitppen be-
biente, unb wirb es fidj erübrigen,
an beruhten, baß ber frcunblidje Vlfi
m ber Küdje jtattjanb.
Vlber ttadjhcr hatte grau Vlugufte
bie sie fast wirr tnadjenbe greube,
beibc Sdjwiegerföljne am Vlbeitb-j
brottifdje bei fiel) au sehen uub sie
mit ©ingslufer ^ecrlidjfcttcu be
Wirten au sönnen.
Gs hätte nidjt Diel gefehlt, um ba-:-
©liid bicfeS VlbenbS mit ber ein-
fdjrättFenbctt ©emerfung au feiern,
baß aur teraeugung beS Dollftänbigcn
©lüaeS mir itodj bie Vlnwefeitljeil
— nidjt etwa gerbinanD Spolju
metjerS — fonbern Gäcilies au
wüitfdjen fei.
• • •
gerbinattb Spohnmeijer war fdjon
auf bem ©otsöamer ©afjnljofe beim
Göfcn ber gahrtarte unangenehm
aufgefallen. Gr hatte uerjuajt, jid)
Doraubräugen unb war babei mit ei-
nem jüngeren $mti aufaminengc-
prallt, ber so sühn war, sich berat-
tige ©üdfichtslofigfeiten bon bem
Kanalcifcfrctär etierflijch au oerbit-
teTl.' '®aB War öferbuiaiii) SpoTja-
meqer in feinem ganaen X?eben wohi
noch nidjt wiberfatjren, baß fidj jt-
inanb etwas Don ihm oerbeten hciL-
te ter reagierte mit ein paas
Kraftausbrüden, bie so himmelweit.
uon Gourtoifie entfernt waren, baß,
bie Umftehenben für ben Vlngerem-
pelten ©artei ergriffen unb gegen
gerbinanb Spohnmeijer eine beötoh-
liehe Haltung annahmen. 3)ei
Kanaleifefretär hiri( es int Vlngejid)t
ber Uebermadjt für baS ©egebene,
jidj au buden unb gute ©Fiene aum
bösen ©piel 3« madjen, wenngleich
es ihn Ueberwinbung foftete, fetnenv
Temperament nidjt in überjdjäw-
metiber Kraft freie ©ahn au lassen.
Heimlich" wetterte er in ausgesuchte-
sten Kolleftionen auf „rüdfidjtslofe»
uiwerfdjämte Zeitgenossen, bie fid).
einbilbeten, bie ©ahnhöfe in Grfv
padjt genommen au haben."
Uebrigetts bradjte er nachher im
Vlbteil bie oon iljm beaüglich be*
„Grbpadjt" gerügten Ungeaogenhei-
ten selbst in Vlnwenbung. ter bean-
fprudjte aUen ternfteS einen be*
üier getifterpläße, obwohl er sie
fdjon befeßt faub, unb toanbte fidj.
als man iljn teils empört, teils be-
lustigt abwies, bejdjwerbejühcenb an
eitteti ber ©eamteti pjom Zugperso-
nal.
Unglüdlidjerweife War er an ei-
lten übelgelaunten ©robiatt gefom-
men, ber iljn anfdjrie, er foUe ihn
mit foldjem „Cuatfdj" nidjt belästi-
gen uttb ihm riet, fidj einen Salon-
wagen stellen an lassen ober 3a
Haufe au bleiben.
gerbinattb Spohnmeijer aitterte
üoe SBut. „Unerhört l" feudjte er.
„Ödj werbe Sie wegen ©eamtenbe-
leibigung perflagenl“
©Fit weldjer Sroljuttg er einen
uneingefchränften HeiterfeitSerjolst
eraielte. teitt IfreitcS Xiacheu er-
fdjütterte bie 2uft. „©Fätittefeiv
Sie mir oerflagen? ®aau müssen Se
benn bodj ’n bißfen frütjer uffftehn.
©er finb Se benn eigentlich?"
„Öd) bin ber Kanaleifefretär ger-
binanb Spohnttteper," betete bet
©erfjöljnte auf, „unb werbe mir .. .*
Ten ©eft üerfdjlang baS ©oltern
unb gaudjen eines auf einem 9Fadj-
bargeleife eiitfaljrenben ZugeS. Unb<
ber ©earnte hatte fidj fdjon mit ei-
ner Derädjtlidjen Hanbbewegung unb-
einem grinfenbett ©cfidjt entfernt.
gerbinattb Spohitiiieper sah fidj
bon einem Haufen ebenfalls grin-
fenber Neugieriger umgeben, beten
einige eS für angebradjt hielten,
oeruifenbe ©emerfungftn au madjetu.
mit einem riidfidjtSlofen Taawifdjcn-
fahren jdjuf fidj ber ©rgrimmte
©aum unb Derfdjwanb in einem ber
aunädjft gelegenen Vlbteile.
Hier waren nidjt nur bie genfter-
pläße beseht. Gigentlidj war über-
haupt fein ©Iah mehr frei. Vlber
als bie in ber ©Feljraahl auS grau-
en beftehenben ©eifenbett in baS-
wutentfteUte, aornflimmernbe @e-
fidjt beS VlnfömmlingS fatjen, jpreß-
ten sie fidj, Derfdjüdjterten ©ögelw
gleich, enger aneinanber unb ennög*
lichten betn neuen ©eifegenoffen bie
©enuhung einer Sihgelegenheit.
gerbinanb Spoljnmetjer nahm sie
mit allen Vlnaeidjen ber ©clbftüer-
ftänblidjfeit in Vlnfprudj unb rüdte
fidj, soweit eS ber befdjrättfte ©aun*
unb bie Nadjgtebigfeit feiner beiben
©adjbariitnen auließen, bequem au-
redjt. TaS trug ihm unwilliges-
Kopffdjütteln unb empörte ©lide ein.
Worauf er gar nicht achtete, unb oer-
anlaßte bie iljm gegenüberfißenbe
grau, eine bide ©erfon mit einem
Toppelfttut unb fieifdjigen Hänben,
an ber ©emerfung „UnDerfdjämt-
Ijeitl"
Vludj sie blieb erfolglos, gerbi-
tianb Spoljumeher Ijatie entweber
nichts gehört ober glaubte fidj nicht
gemeint. teine SBeile faß er itiö.
unb überbadjte bie terlebtiiffe ber
leßten ©iertelftunbe. ter war ba-
Doit überaeugt, mit einer unglaub-
lidjett ©üdfidjtSlofigfeit behanbelt au
feilt. Tergleidjeit war iljm eigent-
iidj wäljrenb feines gattaen XlebenS
ttodj nidjt wiberfaljren. Hoffentlich
ließ man ihn nun enblidj itt ©uhe.
Teint Wettn baS so weiterging, wür-
be er ©olmerlittgen nidjt lebenbift.
erreichen, ter litt fdjon jeßt unter
Kopffdjmeraen utib spürte ein ftar-
fcS Hcraflopfen.
„grijdje Ünft,“ badjte er unb mu-
sterte bie gefdjloffenen genfter,
„sonst erftide idj." ter erljob fidj
Don feinem mühsam erawungenen
Sih unb ließ beibe genfter herab.
teilt GntrüjturtgSfturm: „9Fa, so
WaS aber! ... öft öaS eine Viril
. . . SS airt)t! . . . gredjer Kerlt
. . ." Unb beibe genfter würben
wieber in bie Höhe gerissen.
äöeffcn erbreiftete man fidjl ger-
binanb Spohnmetjer jtanb inmittcu
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Haeusler, George. La Grange Deutsche Zeitung (La Grange, Tex.), Vol. 31, No. 39, Ed. 1 Thursday, May 12, 1921, newspaper, May 12, 1921; La Grange, Texas. (https://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth985564/m1/2/: accessed July 6, 2024), University of North Texas Libraries, The Portal to Texas History, https://texashistory.unt.edu.; crediting Fayette Public Library, Museum and Archives.